FRANZ MICHAEL FELDER AN KASPAR MOOSBRUGGER

lfndenr: 
475
4. Februar 1868

Lieber Freund!

Ich kam gestern glücklich nach Feldkirch, d. h. gesund. Die Unterhaltung war mehr interessant als lebhaft. Doch das gehört dem Reisebeschreiber und Landschafter. In Feldkirch wurde ich von den dortigen Intelligenz-Maschinen etwas kühl empfangen. Ich und Gaßner, das fühl ich, werden uns nie besonders nahezutreten vermögen. Er ist „der Geist, der stets verneint". Er begleitete mich vor das Kreisgericht, wo ich über eine Stunde auf die Ankunft des Staatsanwalts warten mußte.

Ich trug meine Sache kurz und, ich glaube, sehr deutlich vor, er schien meinen Standpunkt zu würdigen und er sagte, daß er noch heute meine Angaben schriftlich niederlegen lasse. Zu diesem Ende soll ich Nachmittag 2 Uhr zur Vernehmung erscheinen. Ich verlebte nun im Schäfle zwei etwas peinliche Stunden, die mir eigentlich nur Nachbaur tragen half. Der dunkle Punkt an diesem Himmel ist Vonbuns Kritik und Dein Brief. Nach der Angabe dieser Herrn hast Du die Sache freilich etwas unrichtig aufgefaßt. Doch davon später und bis dahin bitte ich nichts mehr in der Sache zu tun. Von 2 bis 1/27 Uhr dauerte das Verhör. Es wurden zwei sehr stark gegen Müller gespitzte Klagen verfaßt. Die eine wegen der Schlä­gerei, die andere wegen Verbrennung der Stimmzettel. Der Verhörende scheint, nach der Fragestellung und anderem zu urteilen, auch kein Freund Müllers, oder doch mit seinem Vorgehen nicht zufrieden zu sein. Es wurde protokolliert, daß ich mich nimmer an Müller wenden könne u.s.w. Ich hatte kaum noch Zeit, um ein Glas Wein zu trinken, denn ich wollte mit dem Eilwagen fort, obwohl einige Herrn und Nach­baur mich zu einer großen Abendunterhaltung einluden. Man wollte, wenn ich da bleibe, auch Dr. Amann holen. Freilich hätte das den Schluß meiner Reise geben können, den ich mir wünschte, aber mir war wenig drum, auch mein Finanz­minister beginnt ein bedenkliches Gesicht zu machen und mich ernsthaft an fünf Kinder und den teuren Jahrgang zu erinnern. Der Schluß des wunderbar bewegten Tages sollte aber doch noch ein lustiger sein. In Bregenz im Kreuz war Hochzeit. Ich sah lange zu und hörte manches, da man mich nirgends beachtete. Dann ging ich auf die Post, wo ich ein besseres Zimmer bekam, als ich sonst hier in Bregenz zu finden gewohnt bin.

Es ist mir interessant, hier ganz fremd, die Neugierde ge­schwätziger Wirtinnen zu erregen und unterdessen die meine zu befriedigen.

Doch ich muß geschwind auch noch an den Baron schreiben. Lebe wohl. Mit Gruß und Handschlag Dein Freund

F. M. Felder

Keine