VOM TURNRAT DES MÄNNER-TURNVEREINS IN WIEN

lfndenr: 
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20. März 1868

Herrn Franz M. Felder in Schoppernau

Als in der Nummer 15 der „Gartenlaube" 1867 ein von Dr. Rud. Hildebrand gezeichneter Artikel weitere Kreise mit dem Manne bekannt machte, der aus dem edlen Schatze männlichen Selbstbe­wußtseins das Gold der Wahrheit herausgefördert hat an den Tag, wo schwarze Bosheit den Glanz zu verdunkeln strebt, mit dem es aus tiefem Bergeswinkel hervorleuchtet-damals schon sagten wir uns: „Ja! Das ist ein ganzer Mann, das ist ein Kämpe für die Freiheit des Geistes und für die Entwicklung sittlicher Vollkommenheit!" Mit reger Theilnahme lasen wir Einzelnes in den verschiedenen Blättern, woraus wir erfuhren, welche Hindernisse man Ihnen bereitet, und wie schwer Ihnen der Kampf wird, zumal Sie mit offenem Visier gegen die dunklen, oft unsichtbaren Feinde kämp­fen müssen, die aus sicherem Versteck hervor ihre giftigen Pfeile auf den frei dastehenden edlen Mann abschiessen. Da kamen „die Federzeichnungen aus dem Bregenzerwalde", und mit ihnen die Kunde von der ganzen Niederträchtigkeit, die gegen Sie ins Feld geführt wird, und deren Kumpane, wir ja auch hier zu Lande in den schönsten Exemplaren vertreten haben. Die tiefste Entrüstung hat uns, und alle, die diese Mittheilung erhielten, ergriffen; wir fühlen uns gedrängt, diese Zeilen an Sie zu richten, um Ihnen, als deutsche, freidenkende Männer die Hand zu rei­chen, zum herzhaften Drucke des Mitgefühls in Ihrem Schmerze sowohl als zur Erhebung in diesen schweren Stunden. Ergreifen Sie die dargebotene Hand der Männer, die mit Ihnen das Banner der Freiheit hoch halten, und offenen Auges dem Licht­strahle entgegensehen, der nun hereinbricht, und der hoch und mächtig genug ist, daß er auch über ihre Berge hineinleuchtet, und das Spukgeschlecht der Eulen vertreiben wird. Harren Sie muthig aus auf dem Ehrenposten, auf den Ihr vorwärts­strebender Geist und Ihr männlicher Muth Sie gestellt, und seien Sie überzeugt, daß über die Berge herüber Ihr Wacheruf: „Wer da?" nicht verhallt, und daß Ihnen ein tüchtiger Verein von deutschen Männern an den Ufern der Donau donnernd zuruft: „Gut Freund!" Kann Ihnen der Männer Turnverein in Wien in irgend einer Weise dienlich sein, so verfügen Sie über seine stete Bereitwilligkeit. Indem wir in vorstehenden Zeilen dem diesfälligen Beschlüsse der Turnrathssitzung vom 17. März d. J., Ausdruck geben, zeichnen wir

Für den Turnrath des Männer Turnvereins in Wien

Josef Hofer                                der Sprecher

Zeugwart                             Carl Friedrich Hacker

Otto Tschurtschenthaler                     Eduard Struschka

Bücherwart                        d. z. Sprecher Stell Vertreter

Robert Pöschl                                 Jos. Ihm

Schriftwart                          Säckel wart Stellvertreter

Ruschitzka 2. Zeugwart

Keine