VON ANNA KATHARINA FELDER AUS SCHOPPERNAU AN FRANZ MICHAEL FELDER IN LEIPZIG

lfndenr: 
556
12. Juli 1868

Liebes Mindle!

Auf Dein liebes Schreiben vom 6 d. will ich nun gleich antworten, damit Du nicht so lange, wie das letzte Mal zu warten brauchst, denn ich hoffe daß es diesmal keine Schwierigkeiten mehr gebe, wie mit dem Paket, das noch anders gepackt u. gesiegelt, mit Frachtbrief u. weiß nicht mit was allem noch begleitet werden mußte. Wenn der Herr Both sich noch die Mühe genommen, u. die Beilage von Brief gelesen, gelesen als fünftes Ausschußmitglied des Cassinos nebst 3 Geistlichen Räthen u. dem Doktor? Dumme Geschichte, die mich einige Minuten beunruhigte. Nun so sollen [...] wissen wie mein [...].Heute, während Du in Kößen Tafeltest, sitzen wir u. das Kohlerle wirklich um den Saufleisch bedeckten Tisch, u. das Kohlerle sagt daß es die nächsten 3 Tage noch daheim zu heuen habe, somit ich u. derSprengerallein nicht rasch vorwärts kommen werden, zumal das Wetter zum Wachsen recht gut, zum Heuen aber Wilarlidig ist, u. während ich schreibe, beeilen sich die aus der Kirche kommenden, daß Gestern zum Theil Dürre, durch­näßte Heu zu troknen, u. unterzubringen. Ich kann daher an eine Holungs- u. Erholungsreise nach Lindau nicht denken, wie lieb es mir auch wäre einerseits. Auch ein Fußmarsch in einem Tage nach Lindau wäre mir zu stark, u. Feuerstein, wie auch Stettner wäre, mir alleine fremd. Das Ale mit dem Mickledem Kasper ist nach Gräsalp der Base Serafim die Fünfe zu bethen, sie ist nach lange anhalten­den unaufhörlichen Schmerzen gestern gestorben. Morgen wird sie beerdiget. Und heute hat man dem Christian dem Bräuer ein unreifes kaum Lebensfähiges Kind begraben, die Mutter jedoch ist recht munter. Jakob überbrachte dem Schneider gestern den über­aus gemüthlichen Brief, der zeugt von Gesundheit Leibs u. der Seele, was mich sehr freut. Auch wir sind gesund u. wohl ausge­nommen die Mutter. Sie ist auch nicht krank, es ist nur das Alter, das jeden neuen Tag neue Plage hat. Dein Kommen ist näher als ichs mir dachte, u. ich wäre recht glücklich Dich bald wieder hier zu wissen, wenn ich nicht nebenbei ein wenig befürchtete, das Dich, den unverwöhnten, die Leipziger u. das Leipziger Leben verwöhnt, daß Du an unserem ewigen Einerlei Elend, wie Du es nennst, gar keinen Geschmack mehr findest? Doch Du wirst Dich als Mann wieder in die Verhältnisse zu schicken u. zu finden wissen, denn naturgemäß ist man nach kräftig genossener Speise u. Trank wieder aufgelegt zu Arbeit zur That. Wir haben Arbeit u. somit auch keine lange Zeit, u. immer wieder eine Freude, wenn dieses Stück gemäht, jenes dürr ist, u. der Regen uns nichts erwüscht. Der Kaspar u. Jakob treten die Fuder, mugen u. erst dann recht wenn ich ihnen sage, das ichs dem Vater schreibe, sie fragen sogar bei jeder vermeintlich guten That: Mutter Schreibsts? Ich sage ihnen das dieses u. jenes der Vater gethan, gesagt, frage sie ob sie wohl Dein Kommen erfreue? Es wird mir ganz eigen wohl bei dieser Unterhaltung. Übrigens fühle ich mich ganz behaglich als Seele der Haushaltung, oder als solche, der auf dem Wege von Bad nach Hopfreben Himmel u. Erde übergeben wurde. Ich wäre so gerne etwas! Kein Zustand ist mir peinlicher als nichts sein können nichts sein dürfen? Und der Sprenger ist mir nur zuweilen deßhalb zuwieder, weil er eigentlich doch gar nichts ist u. nichts will.

Die Theresie hat endlich von Dornbirn geschrieben, das ihr gut, aber auch schlecht ergangen sei. Sie Dient beim Fabrikant Salz­mann hat guten Dienst wo man sie alles ordentlich lehrt; aber wieder ihr Unstern! Ein sehr böser Arm machte sie 4 Wochen arbeitsunfähig band sie an Doktor u. Apotheke. Zwar ist es wieder auf besserungswege, aber doch auf der Waage ob es sie nicht den Dienst kostet. Von dem Gesang Verein u. seiner Herrlichkeit wirst Du im Volksblatt gelesen haben. Der Anton Ruf ist in Schützenuni­form nach Wien, er wird sich ein Gewinnst holen wollen? Denkst Du nicht nach Wien? Heute habe man in der Kirche einen langen Hirtenbrief über Civilehe vorgelesen, von den Eindrücken, den er auf die Gemüther gemacht, habe ich noch nichts gehört. Es ist überall Ruhe Friede über Schoppernau ausgebreitet. Lebe wohl u. glücklich und geniße auch für mich u. für den Winter, u. grüße mir Hildebranden seine Luise Kinder u. alle, ich danke ihnen für alles gute u. liebe das sie erwiesen, grüße mir alle die mich grüßen liesen. Es grüßt Dich herzlich Dein Wible u. Deine Kinder

Anna Katharina

Keine