FRANZ MICHAEL FELDER AN KASPAR MOOSBRUGGER

lfndenr: 
203
18. Juni 1866

Lieber Freund!

Dein Schreiben hab ich erhalten und beeile mich, noch etliche Zeilen beizufügen.

Ob die Kapitalisten oder ein Kapitalist den Handel betreiben, - das ist uns nicht gleichgültig; jetzt ist doch noch Konkurrenz möglich, wenn wir aber hundert Galli hätten statt einen und die alle zusammenhalten würden. Lieber will ich die Sache verschleppen und den gemeinen Mann noch eine Zeitlang bearbeiten, bis er nicht nur seinen Vorteil, sondern auch seinen Nachteil einsieht, doch daß so eine Gesellschaft kein Glück wäre, darüber sind wir eins und sonst auch so eins, daß ich Dir etwas mitteilen darf, was sonst niemand hier versteht.

Ich werde aufbegehren! Höre! staune!! erwilde!!! Gestern erhielt ich zwei Nummern der Norddeutschen Zeitung. Ich fand einen Artikel ,Aus Vorarlberg' und las - meine Biogra­phie, wie sie etwa ein Julian aus meinen Briefen an Hilde­brand zusammenschrieb. Jedes Wort, jeder Gedankenstrich hat dem Schreiber einen Satz gegeben, und da schwätzt er denn wunderliches Zeug aus meinem Unmut zu der Zeit, da ich meinem Franz in den Sonderlingen glich, macht er Selbst­mordgedanken (ganz Unrecht hat er freilich nicht), ich bin ein Verehrer des großen Schulze (Du weißt noch, daß ich im letzten Briefe von meinen Plänen schrieb). Ferner, doch es ist genug, lies den Aufsatz bald selbst und dann ärgere Dich oder lache. Ich hab schon beides getan. Die Herrn sollen nur machen, am End bin ich auch noch da.

Vom Hildebrand ist der Aufsatz nicht, also von einem seiner Freunde. Das Ganze scheint recht gut gemeint und ich werde über Verdienst gelobt. Hildebrand hat geschrieben: „Ich bin von der weitern Entwicklung durchaus befriedigt, der eigentliche Umschwung durch den Lawinensturz ist vortrefflieh erfunden und ausgeführt, von ergreifender Wahrheit und Feinheit in der Zeichnung, äußerlich und innerlich. Daß Barthle stirbt, ist entschieden passend, Sepps Bekehrung ganz vortrefflich. Die Entfernung des Pfarrers und seine Ersetzung die beste Lösung der religiösen Spannung" u.s.w. u.s.w. Nur, daß die Bauern beim italienischen Krieg so gleichgültig sind, bezweifelt Hildebrand. Ich hab ihm heut geschrieben. Die Redaktion der Literatur-Zeitung ,Europa' wünscht meine Briefe an Hildebrand zu veröffentlichen, ich habe abgesagt und auch meine Gedanken über den Artikel in der Nord­deutschen Zeitung erraten lassen. Wegen einer Literatur­Zeitung brauchst Du Dich nicht mehr umzusehen, Hildebrand will mich versorgen mit??? „Ma siot's din." Der letzte Posttag hat mir ungemein viel gebracht, auch einen Brief vom Uhrenmacher Felder in [?]. Es geht ihm schlecht. Große Verluste, Schulden, Bankrott seines Onkels, er würde gern heimkommen, wenn er nicht gebunden wäre. Nun, der Vater könnte helfen ... Ich will sehen, was ich für ihn ausrichten kann.

Der Hermann ist gesund und ißt und scheißt, daß es eine Art hat. Der Pfarrer hätte gern einen Johann Georg gehabt. Die Art, den Geistlichen zu schmeicheln und Kindern ihren Namen zu geben, ist nicht neu. - Wenn Du diese Mitteilung unwichtig findest, so bist Du da frei, unrichtig ist sie nicht. .. Doch mein Bote wartet! Mit tausend herzlichen Grüßen

Dein treuer Freund Felder

Das übrige bald mündlich und natürlich viel.

Keine