FRANZ MICHAEL FELDER AN KASPAR MOOSBRUGGER

lfndenr: 
260
29. November 1866

Lieber Freund!

Aus drei sich feindlich gegenüberstehenden Lagern hab ich nun das Echo unseres Rufs gehört, alle drei wollen etwas mit uns gemein haben, aber -. So tönt es überall, auch der Sozialdemokrat sagt aber, sagte es schon, als er, die Schrift kurz anzeigend, das Ereignis freudig begrüßte. Mit dem sozialistischen Teil, den er ganz abschreibt, ist er natürlich einverstanden. Ganz vortrefflich, sagt er. Aber mit dem politi­schen Teile nicht.

Wir wollen gute Deutsche, aber auch gute Österreicher sein. Nach seiner Doktrin kann und soll man das nicht. Am Schluß des Artikels sagt er: „Sollte man noch zweifeln können, welches Gewicht die Herren Verfasser der Broschüre auf die soziale Seite des Programms legen, so müssen wir die be­zeichnenden Worte anführen, welche sich in diesem Betreff in dem mit der Broschüre uns zugegangenen Begleitschreiben (von wem???,) finden. Hier heißt es: Sie werden es freudig begrüßen, daß man Lassalles Hebel anwendet, um den Kaiser­staat aus dem Moraste zu heben. Es gibt hier viele, die meinen, wenn dieser Hebel nicht ausreiche, sei die Hebung überhaupt unmöglich.“

Ich habe Dir schon aber angedeutet, daß diese Worte nicht von mir sind. Nach meiner Ansicht mußte der loyale Ton schon darum angeschlagen werden, damit überhaupt die Verbreitung der Schrift bei uns möglich war, wir haben erst A gesagt. Auch Lassalle mußte sich den Schein geben, eine Revolution zu vermeiden, die er eigentlich wollte. Mir schien die Sache wichtig genug, um sie Dir gleich mitzu­teilen, besonders da ich Dir noch etwas für mich wenigstens Wichtiges mitzuteilen habe. Hirzel druckt die Sonderlinge. Hildebrand schreibt: Es sei entschieden und gleich nach Neu­jahr werde angefangen. Ich möchte um so lieber wissen, wie Hirzel endlich doch zu diesem Entschluß kam, da ich ganz eigene Vermutungen habe. Doch davon später! Hildebrand meldet den Empfang der Broschüre und schreibt dann: „Ist das Ihr Stil? Dieses Sprunghafte des Gedankens, dieses - ist das Ihr Stil, und doch finde ich wieder und wieder Sie und Ihre Art zu denken."

Dann sagt er, daß er, obwohl arm, der Lassalleschen Richtung abgeneigt sei. Er tadelt, daß Lassalle Haß den Besitzenden predige, spricht dann aber wieder im alten freundschaftlichen Tone von unsern Angelegenheiten.

Ich hätte Dir die erwähnten Nummern des Sozialdemokrat geschickt, aber ich glaube, das Blatt wird noch mehr bringen, zudem wollte ich jedes Aufsehen vermeiden. Die für Nord­deutschland bestimmten Exemplare wurden, soviel ich weiß, von Augsburg aus versendet, doch werde ich in Lindau fragen. Das zu einer Volksschrift gesammelte Material hab ich zu ordnen angefangen und hoffe, auch bald etwas Fertiges vor­legen zu können. Jetzt hat man schon Zeit zum Schreiben, denn alles ist verschneit, sogar die Wege, so daß Vetter Jok bei mir eingeschneit sitzt und von den Mühen des Ka­tharinentags ausruht. Hier hat es über vier Fuß Schnee. Hilde­brand hab ich noch gestern abends geantwortet. Ich habe dem Guten viel zu danken, doch hindert das mich nicht, unserer Fahne treu zu bleiben, das ich auch offen bekannte. Er darf mit meinem Briefe zufrieden sein. Vom Förster hab ich einen Brief bekommen, den ich Dir zeigen werde. Der Mann ist sehr zudringlich. Mit Feurstein hab ich am Sonntag in Au geredet. Er sagte: Er werde mit uns gehen, werde zur Partei gehören und tun, was er könne, doch sehe er ein, daß uns sein Einfluß mehr nützen werde als seine Kraft. Das glaub ich nun nicht, aber im Mann steckt noch etwas vom alten Adam, das ich oft und zuweilen unerwartet auf­schießen sehe. Doch hat er mir gern versprochen, uns seine Korrespondenz (resp. Briefe von Landtagsabgeordneten) mit­zuteilen, wenn etwa noch einer kommen sollte, was er nicht zu erwarten scheint. Heute reist er nach der Schweiz ab und will sich nun auch in einer Zeitungsdruckerei nach dem Ge­schäftsgang erkundigen.

Mit unserer Post ist's kaum auszuhalten. Das wirst auch Du fühlen. Ich will gern oder eigentlich ungern sehen, wie es zu machen ist, wenn unsere, wenn meine Korrespondenz mit den Freunden im Norden noch lebhafter werden sollte, wenn ich die Korrekturen zu lesen habe. Ich sagte Dir schon im Frühling, daß ich Dich um die tägliche Post beneide, um das abendliche Vergnügen beneide ich Dich nicht. Doch es wird Zeit, daß ich schließe. Schreibe bald und viel. Mit herzlichem Gruß Dein Freund

Felder

Ich beziehe nun aus einer Leihanstalt in Leipzig eine Menge der besten Blätter für vierteljährlich 1 Fl. 12 Kr.

Keine