FRANZ MICHAEL FELDER AN KASPAR MOOSBRUGGER

lfndenr: 
295
11. Februar 1867

Lieber Freund!

Dein in jeder Beziehung erfreuliches Schreiben hab ich gestern erhalten und bin einverstanden, einstweilen zu beob­achten und sich auf Sturm vorzubereiten. Ich dachte das schon vorige Woche, als Stettner mir schrieb, daß er eine mit meinem Namen gegebene Schrift auch ungeprüft mit größtem Vergnügen verlegen werde. Das kann uns noch zugute kommen, einstweilen aber behalte ich die Gespräche noch hier. Ich werde sie mit ändern rohen Entwürfen nach Bludenz bringen. Jetzt arbeite ich an einem Werke, welches, wenn der heilige Geist mich nicht verläßt, an poetischem Wert noch über den Sonderlingen stehen dürfte. Jetzt ist jedoch das Ganze noch so unfertig, daß Du keine Vorlesung zu fürchten hast. Die Herrn in Leipzig tun jetzt alles für mich, ich erhalte eine Anzahl der besten Zeitungen und Schriften und ich merke überall, daß nicht mehr nur Hildebrand für mich tätig ist, dieser aber äußert sich so freundschaftlich, daß ich das kaum begreife. Das Intermezzo (Lassalle) hat uns einander nur noch näher gebracht. Doch davon mündlich, denn ich werde Dich überfallen, sobald ich wieder ein ganzes Paar Stiefel habe, also vielleicht schon am nächsten Sonntag abends. Mitbringen werde ich mancherlei, und vielleicht begleitet mich der Schneider Natter, der uns jedoch nicht zur Last fallen würde, da er nur das Oberland zu sehen und einen Freund im Montafon zu besuchen wünscht. Natter hat von mir natürlich nichts erfahren, als was er ausgerechnet haben mag. Er ist auch taktvoll genug, nicht zu fragen. Jetzt schwört er nur auf mich; im Ganzen bin ich mit ihm zu­frieden, doch muß ich Vorsicht brauchen, da die dem starren Zwanzigjährigen noch fehlt. So viel zur Klarstellung. Ich lerne jetzt hier meine Leute schon kennen, denn ich brauche sie. Unter allen hitzigen und spitzigen Predigten gegen mich und meinen großmächtigen Anhang war die gestrige die ärgste. Ich werde viel davon zu erzählen haben. Der Redak­teur Kunz wurde wörtlich ein erstickter Student genannt, den ein gottloser Brotherr zu sich nahm, vor - Renan wurde direkt, vor mir und der von mir errichteten Vereinsbibliothek indirekt gewarnt. Ich werde Dir von diesem Unternehmen sagen und erwarte, daß es auch Du, wie meine - Freunde in Bezau unterstützen wirst. Die gestrige und auch noch mehrere Predigten kannst Du vielleicht noch in der Feld­kircherin lesen, es sind mehrere hier, die zum Schreiben Lust bekommen, auch der Uhrenmacher, den ich immer noch nicht fallen lassen kann. Daß bei der Wahl die Liberalen siegten, haben sie hier dem Wirt von Schröcken und unsrem Vorsteher, also auch mir, zu danken. Ich hatte mich hinter diese gesteckt. Jetzt hab ich unsern Ausschuß, wo ich ihn will, und den Vorsteher im Sack, sowohl den neuen als den alten. Alles, wer nicht zum alten Eisen will, wird gegen „Rütti Weothles Buobo" ausziehen, wenn ich „Marsch" rufe. Und es kann, muß dazu kommen. Ich hoffe von den Herrn recht verdammt wenig! Die gestrige und vorletzte u.s.w. Predigt hier und in Bezau förderten einen Unsinn zutage, zu dem eine Valdunaer Phantasie gehört. Gestern sagten die Auer, es sei gut, daß Rüscher und die Seinen schon Stricke anhätten, wenn man sie allenfalls- -. Siehe oben.  Ich glaube, Dir diesen Ausdruck der öffentlichen Meinung trotz seiner Derb­heit mitteilen zu sollen.

Von den Sonderlingen erscheinen wöchentlich drei Bogen und werden dieselben also in sieben Wochen vorliegen. Ich hab heute das 5/6. Kapitel mit recht innigem Behagen gelesen. Unser Vorsteher will den Pfarrer an dem Artikel in der Allgemeinen (Vorarlberger Bauer) schmecken lassen. Den Erfolg kann ich mir denken. Gegen die Andelsbucher Schrift, also noch nichts als eine erbärmliche Predigt, gegen „Habt acht" detto, gegen die Wahlen detto u.s.w. Brrrrr! Bummmm! Es geht los, daß es eine Lust ist. Der Tannbergeraufsatz wird als Lärmer für mich erst mit oder nach den Sonderlingen in der vielgelesenen Gartenlaube erscheinen. Bis dahin wird Dr. Gosche in Halle, Steger in Leipzig u. a. auch lostrommeln. Also nur wohlauf! Mir ist, ob ich einen Berg erstiegen habe und mit Feurstein und noch mehreren ist mir ein Berg vom Herzen. Hildebrand fängt an, sich uns zuzuwenden. Doch ich werde Briefe von ihm und die interessantesten von Feurstein bringen. Einen Brief vom Donnerstag würde ich noch hier sonnabends erhalten. Lebe wohl auf baldiges frohes Wieder­sehen. Mit Freundesgruß und Handschlag Dein Freund

Franz Michel Felder

Keine