KASPAR MOOSBRUGGER AN FRANZ MICHAEL FELDER

lfndenr: 
513
22. März 1868

Lieber Freund!

Vor allem meine Gratulation zu dem Martin, möge er an Kraft und Kernigkeit seinem Großvater gleichen Namens eben­bürtig sein. Daß ich Deinen Roman vor der Absendung lese, ist unnötig, da ich nichts an selbem bessern oder ändern kann. Der Genuß am Gedruckten ist dann umso größer. Das Schreiben des Kreisgerichts und die mit Schreiben vom 18. d. Ms. geschickten Verlassenschafts- und Kaufsakten liegen bei. Meine Ansicht bezüglich der letztern ist die: Wenn sich nicht dartun läßt, daß Gottfried seinen von der Mutter ererbten 1/4 Teil am Anwesen dem Vater überlassen hat, so kann dieser allerdings diesen 1/4 Teil nicht seinen Söhnen ver­kaufen. Der Kauf würde also bezüglich dieses Heimatsanteils ungültig sein, und derselbe müßte den Kindern der Hebamme eingeantwortet werden oder eingeantwortet bleiben. Seinen Anteil an der Heimat wird Josef Anton Moosbrugger aber wohl rechtsgültig haben dem Sohn verkaufen können. ­Ein Meräudler von Tannberg war in der Massenangelegenheit dieser Tage hier und hat diese Sache dem Doktor Bickel übergeben. Dieser wird ihm sofort über den Stand der Sache Auskunft geben, sobald er solche geben kann. Dr. Preu hat die Massen in Händen und soll noch keine Ausweisung gemacht sein. Wir sind jetzt sehr schlecht mit Arbeitskräften verfahren, und so geht Vieles langsam vonstatten. - Die Schafklage ist bereits überreicht und wird in Bälde die Tag­fahrt sein. Doktor Bickel wird hierüber dem Josef Moos­brugger von Schoppernau, der mir schrieb, Auskunft geben. -

Deine Arbeiten im Wanderer, der Gartenlaube und Tages­post habe ich mit Vergnügen gelesen. Unangenehm hat mich nur berührt, daß Du ganz offen Dich als Liberalen hinstellst und den ärgsten Bourgeois-Minister, den wir haben, Giskra, den unsern nennst. Ich glaube, Du seiest über Deine Hand­lungsweise und deren Tragweite mit Giskra im Unklaren. Er ist der Abgott der Bourgeois und sucht ihre Gunst auf jede Art zu erhalten. Wenn Du die Gesichtspunkte im Volksblatt gelesen hast und mit denselben, die ersichtlich in Harmonie mit unseren Broschüren stehen, einverstanden bist und laut Programm mittun willst, so wirst Deine Haltung jedenfalls etwas ändern müssen. Wir müssen eine Konferenz halten, und zwar, wie mir Vonbank schreibt, sehr bald. Auch Vonbank und ich sind, wie Du aus der letzten Nummer des Volks­blattes sehen kannst, noch nicht über alle Punkte im Reinen. Wir werden Vieles, sehr Vieles zu besprechen haben. Hoffent­lich werden wir eine Einigung erzielen. Für uns ist es insbe­sonders gut, die nun eroberte günstige Position im Land zu behaupten. Du sollst jetzt schon die angenehmen Wirkungen davon in Deiner Umgebung spüren, Du störriger Sepp! Von­bank schreibt mir, er wolle mit den Klerikalen im Bregenzer­wald, die Dir opponierten, suchen fertig zu machen, aber da wäre es notwendig, daß Du sie nicht mehr herausforderst. Von diesem Gesichtspunkt aus wäre die Erklärung von Euch in der heutigen Landeszeitung besser unterblieben. Glück­licherweise wurde sie etwas zugestutzt. Warte jedenfalls mit weitern Proklamationen bis zur Konferenz, wo alle Unter­fertiger des Programms erscheinen sollten. Wann kannst Du fortkommen? Ich muß Dich noch auf etwas aufmerksam machen:

Mit solchen Berichten, wie Du dem Seyffertitz einen geschickt hast, ist der Freiheit wenig gedient. Wenn ein Beamter oder ein anderer Bürger seine Pflicht nicht tut, gehört die Sache vor das kompetente Gericht und nicht vor die geheime Polizei. Eine Frucht der geheimen Polizei ist die Versetzung Thurn­hers, der nun in einer sehr unglücklichen Stellung ist. Alle Beamten sind durch diesen Akt der Willkür erschüttert und das Volk wird es bitter müssen büßen, wenn sie servile Diener des jeweiligen Ministeriums werden müssen. Ich bin keinen Augenblick mehr sicher, daß mich ein ähnliches Los trifft und dann?! Dann werde ich vielleicht das vom Ministerium Giskra aufgebrachte Spioniersystem schonungslos vor dem Volk bloßlegen. Ich befinde mich dann im Stande der Notwehr, die keine Rücksichten kennt. -

Ich glaube, in politischen Sachen mußt Du noch bedeutend praktischer werden. Unter anderm, was ich Dir schrieb, hast Du auch vergessen, daß der Isabella die Juppe zugeschickt werden soll. Ich ersuche Dich also nochmals, diese Juppe baldigst mit nächster Gelegenheit, allenfalls mit Post, zu schicken. - Vonbank möchte die Konferenz um Ostern haben. Schreibe Deine Meinung über Zeit und Ort dem Vonbank oder mir.

Das andere mündlich. Mit Gruß und Handschlag Dein Freund

K. Moosbrugger

Keine