KASPAR MOOSBRUGGER AN FRANZ MICHAEL FELDER

lfndenr: 
497
3. März 1868

Lieber Freund!

Den Brief von Natter, den von Bregenz und die letzten zwei habe ich erhalten.

Vor allem wünsche ich Glück zu dem guten Ausgang der Wahlen.

Ich wäre schon lang neugierig auf die Abschrift des Briefes an Seyffertitz, schicke mir dieselbe baldigst zu und teile zu­gleich mit, wie der Bericht aufgenommen wurde. Unsere Beratung hat sich hier bis 22. v. Ms. verzogen, das über dieselbe aufgenommene Protokoll hat Dir Vonbank, wie ich aus einem Briefe ersehe, zugeschickt. Der Artikel „Politik und Volkswirtschaft" ist damals verlesen worden, er ist von Thurnher und der die neue Richtung des Blattes einleitende. Ich habe bereits seither eine Erstlingsarbeit für das Blatt fertig gemacht und gestern abgeschickt. Die Auf­schrift ist „Gesichtspunkte", und ich will damit, wie Du, wenn sie aufgenommen wird, woran ich nicht zweifle, ersehen wirst, das Blatt auf die Probe stellen. Du wirst finden, daß es mir an der nötigen Vorsicht nicht gebricht. Nach einem Brief Vonbanks ist derselbe für das germanistische Wesen sehr leicht zu gewinnen. Meine „Gesichtspunkte" werden, glaube ich, auch dem Hildebrand gefallen (es wäre interessant, wenn Hildebrand von hieraus die Lassalleaner begreifen lernen müßte), und wenn wir mit denselben durchdringen, ist unsere Partie im Lande wohl wie gewonnen. Thurnher ist darüber ganz entzückt. Ich stelle mir vor, daß Du, dem Vonbank'schen Antrag gegenüber, wohl schwankend sein werdest, wenn ja, warte bis die Gesichtspunkte erscheinen und dann resolviere Dich.

Daß es mich freut, die Wendung des Volksblattes durch­gesetzt zu haben, wirst Du nicht bezweifeln, eine größere Freude aber bereiteten mir die Arbeiter Wiens durch Über­sendung eines Briefes, von dem ich eine Abschrift hier beilege. Die Spende, von der sie reden, sind unsere Bro­schüren, die ihnen Mayer, wie er mir schreibt, übergeben hat. Sobald ich vom Ministerium Bescheid über meine Anfrage erhalte, werde ich mit dem Verein mich in Verbindung setzen. Die Vereinszeitung kommt, sobald sie erscheint, hieher. Ich zweifle nicht, daß bald ein Anstoß von Wien kommt zur Gründung von Arbeiterbildungsvereinen auch hier, die ich in den Gesichtspunkten schon bevorworte. -

Dr. Preu sagt mir in Meräudlarles Sache, daß die Schwester in Stuben in Konkurs verfallen sei und ihre Betreffnisse und For­derungen daher der Konkursmasse gehören. Hienach ist die gestellte Anfrage mir unverständlich. - Nach einem kürzlich erhaltenen Brief weiß Babel in Mellau nicht, ob ich ihrem eben verstorbenen Kind „Götte" sei. Freilich bin ich, was Du ihr sagen lassen sollst. - Wie sind die Wälder in der Vieh­assekuranzsache gesotten, was sagen sie zu meinen Schritten? Obige Abschrift und baldige Antwort erwartend mit Gruß und Handschlag Dein Freund           K. Moosbrugger

Keine