AN RUDOLF HILDEBRAND

lfndenr: 
528
30. April 1868

Lieber Freund!

Schon als lang erwartetes Lebenszeichen war mir Dein letz­tes Schreiben sehr erfeulich. Der Inhalt aber hat mich recht, recht glücklich gemacht. Du wirst dem Übersetzer antworten und vielleicht seinen Wunsch wegen der Vorrede erfüllen. Ich überlasse das ganz Dir, denn ich weiß, wie Du für mein Bestes bedacht bist. Laß ihn mir aber freundlich grüßen, spreche meine Freude über seine That aus und bitte ihn wenigstens für uns um einige Exemplare. Wenn Du willst, kannst Du ihn auch auf reich und arm aufmerksam machen. Dieser Roman, ich glaube mir die Bezeichnung erlauben zu dürfen, ist nun fertig. Eben lesen wir, ich und das Wible, ihn zusammen durch und haben dabei recht schöne Stunden. Ich bin mit der Arbeit sehr zufrieden. Man hat es darin fast nur mit guten, zum Theil allerdings verirrten Leuten zu thun, deren Wesen und Wirken wol auch andere interessieren dürfte, die meiner Heimat fernerstehen. Es sind Menschen mit ihren Vorzügen und Fehler[n]. Ich bin unsäglich begierig auf Dein Urtheil und kann es kaum noch erwarten, bis Du Dich darüber aussprichst. Ich werde Dir daher schon in der nächsten Woche das Ganze übersenden. Hirzeln kannst Du das Nötige melden. Das Weitere können wir wol mündlich abmachen, wenn Dir eine Unterhandlung peinlich sein sollte, denn ich denke ernstlich an die Reise nach Leipzig und es wäre möglich, daß ich schon Anfangs oder Mitte Juni käme, während die Meinen in Hopfreben sind. Es wird ohne mich schon enge genug in der kleinen Hütte. Die Artikel im Wanderer und Tagespost haben die Behör­den zum Einschreiten gedrängt. Ich habe seit dem letzten Brief Unglaubliches erlebt, aber im Ganzen macht sich die Sache immer besser und ich kann mit dem Erfolge sehr zu­frieden sein. Sogar der Klerus läßt Rüscher fallen. Der Mann ist wüthend, aber er kann bloß leeres Stroh dreschen. Der Erfolg unseres Käse-Vereins ist ein glänzender, das Ländchen hört immer mehr auf mich und ich fühle mich von nichts mehr als von Mangel gedrückt. Hoffentlich ist das, wenn nicht zu überwinden, so doch zu ertragen. Die Vergrößerung der Familie durch meinen Martin hat mich doch gefreut u dem Wible thut es wol, das Kind mit dem Nahmen seines Vaters anreden zu können, der vor 11 Jahren starb. Hier hats noch 2 1/2 Fuß Schnee, der Frühling wird aber nun schnell einziehen. Ich freue mich auf die milde Jahreszeit und auf Leipzig und auf reich und arm und auf die Sonder­linge im Holländischen. O das Leben ist doch hübsch über­all wo mans erfaßt oder nur eine Strecke geht und etwas thut.

Lang ist mir nie so wol gewesen als jetzt vor meiner voll­endeten Arbeit. Ich halte das für ein gutes Zeichen. Viel viel möcht ich von meiner Arbeit sagen, aber Du wirst sie ja lesen und dann können wir, und mündlich darüber reden. Laß mir den Club und alle Treuen grüßen, und melde meine Freuden allen, die auch meine Leiden und Sorgen theilten. Von der Verfolgungsgeschichte will ich im Sommer erzählen bis ihr mehr als nur genug habt. Heute kein Wort mehr da­von. Lebe recht recht wol! es grüßt dich herzlich

Dein Freund F M Felder.

Keine