AN RUDOLF HILDEBRAND

lfndenr: 
570
2. August 1868

Liebster Freund!

Nun war ich also glücklich wieder hier und freue mich dar­über mit den Meinigen. Sie haben mir alle viel zu erzählen; auch im Geschäftsgang ist die Lücke groß geworden, in die ich nun wieder einstehe, wie tüchtig auch das gute Wible überall eingriff. Ich bin jetzt in der heitersten Stimmung und immer aufgelegt, das nicht etwa nur mit der Harmonika zu zeigen, die allerdings wie ein Familienereigniß begrüßt wor­den ist. Dießmal mußte ich in Bregenz auf dem Zollamt wirklich aufspielen um zu beweisen, daß ich sie nur für mich selber kaufte.

Doch mein Bericht soll etwas ordentlich werden. Die Heim­reise war eine sehr glückliche. Dem Frohen, von tausend lie­ben Erinnerungen begleitet, erschien alles heiter, zuweilen traf ich kurzweilige Gesellschaft, sonst aber waren die bei mir, die ich eben verlassen und auch dann ward die geistige Unterhaltung mir anregend. Daß Du mir am nächsten warst, das brauch ich Dir wol kaum zu sagen. Zuweilen sang ich auch, aber nur so laut, daß im Geräusch es niemand hörte. Im Stachus wies man mir nur noch aus Gnade ein unglaub­lich bescheidenes Plätzlein an. Ich konnte besser rauchen oder dampfen als schlafen. Am Morgen fühlte ich mich nicht ausgeruht und blieb daher in München, wo mir in Feursteins Gesellschaft der Tag nur zu schnell vergieng; wir waren im Schwanthaler Museum, in der Residenz, bei Nimfenburg usw. Abends traf ich einen Krämer von Andelsbuch mit seiner Frau, die Leute sahen mich für einen Fremden an, bis ich sie im Dialekt anredete. Am ändern Tag blieb mir in Augsburg so viel Zeit, mich ein wenig umzusehen. In Lindau holten Stettner und seine Tochter mich vom Bahnhof und öffneten mir gastlich ihr Haus. Am ändern Morgen 5 Uhr 30 M fuhr ich nach Bregenz. Unbändiger Regen trieb mich in die Kajüte, wo ich den Buchhändler Engelmann von Leipzig sprach, der sich sorgfältig des Geschäftlichen  bei  meinen Arbeiten er­kundigen wollte.

Am Hafen traf ich meine vorgeladenen Gegner und meine Freunde. Letztere sagten mir, die Untersuchung schaffe neue Erregung, was die düstern Gesichter der Ersteren bewiesen. Während der Verhandlung nun, in der sich ihre Erbärmlich­keit zeigte wurden sie mehrmahls tüchtig abgekanzelt. Die Leute standen rathlos und mehrere reichten mir, obwohl sie zu Geld- u Areststrafe verurtheilt wurden, am Schlüsse der Verhandlung, Abends 6 Uhr die Hand zur Versöhnung. Nach Bezau war es nun zu spät, drum gieng ich nach Dornbirn zu Waibel, der in froher Stimmung rasch einen Kreis von mir noch unbekannten Freunden um mich versammelt hatte. Wir blieben sitzen bis 2 Uhr Morgens, wie sehr ich auch zum Aufbruch - aber etwas leise - gedrängt habe. Ich übernachtete bei Waibl, der mich mit seinem Freundes­kreis, auch Luger war dabei, eine große Strecke des Weges gen Schwarzenberg begleitete. Sie alle drückten mir beim Abschied herzlich die Hand und versprachen mich in 14 Ta­gen hier zu besuchen. Ich war nun alein mit einem Vergnü­gungsreisenden, dem ich den Weg zeigen sollte bis Schwar­zenberg. Dort verließ mich der schweigsame Gefährte und eilte - zum Pfarrer, ich aber aß im Hirschen Fastenspeisen. Da traf ich Prof. Dr. Buchbinder. Wie - mag er Dir selbst sagen, denn ich könnte nicht unterlassen, einige Sommer­frischlerinnen zu tadeln, wenn ich lange davon redete. Kurz er eilte auch zu erfahren, was es da zu sehen gäbe, da fand er mich und einen meiner Zeugen und gieng mit uns nach Schoppernau. Ich machte in Au meine Einkäufe u erfuhr, daß auch der Rößlewirth Kasino-Mitglied worden ist. - Nun war ich daran gekommen Dir die Freuden des Wieder­sehens zu schildern, aber eben hat mich mein Nachbar er­schrekt, der meinen Jakob auf einem Karren heimbringt. Der Junge war mit ihm ausgegangen und da er schlecht beauf­sichtigt war, fiel er über den Salzbacher Steg in die Ach, ge­rade da, wo ich vor Jahren dem Tod so furchtbar nahe kam.

Glücklicherweise ist wol der gehabte Schrecken das Ärgste, denn die Verletzungen des Kopfes sind wol nicht gefährlich. Ich bin kaum noch in der Stimmung Dir noch zu sagen, daß Rüschers Köchin wieder kam. usw. Ich muß überhaupt zum Schluß eilen, wenn Du meinen Brief am Mittwoch bekom­men sollst, denn da ist nun der von Salomon Hirzel ange­kündigte Pfarrer Hirzel aus Zürich gekommen, mit dem ich sofort nach Schröcken zu gehen gedenke. Deine und die Grüße Deiner Frau an die Meinen, Oberhauser, Uhrenmacher Rößlewirthin usw hab ich ausgerichtet und bin von allen gebethen, sie in herzlichster Weise zu erwiedern. Grüße mir Deine Frau, die Deinen und alle die mir wohl wollen. Wie gehts mit Reich u Arm vorwärts? Schreibe doch auch wenn Du einmal Zeit hast und behalte in treuem Andenken

Deinen dankbaren Freund Franz M Felder. Von Pfarrer Hirzel Gruß an seinen Herrn Vetter.

Keine