VON GEORG FEURSTEIN AUS MÜNCHEN

lfndenr: 
670
9. Februar 1869

Lieber Freund Felder!

Schon glaubte ich von Dir ganz vergessen zu sein, als ich auf einmal wieder miteinem Brief aus deiner Hand erfreut wurde. Dem Vernehmen nach ist Dein Befinden ganz gut nur etwas einsam, was Dir nicht zu verdenken ist auf den Verlust des Liebsten, was Du hattest. Daß Du Ihr sowohl ein geistiges als auch ein phisisches Denkmal zu setzen gesonnen bist, zeugt von Deiner ächten tiefgreiffenden Liebe zu der Verblichenen. Es freut mich, daß Du mich hiebe! auch zum Mitarbeiter gewählt hast. Die Aufgabe ist aber eine sehr schwere nach der beigelegten Phothografie; er­leichtert könnte sie jedenfalls werden durch ihr hinterlassenes Töchterchen, welches ihr nach Deinem Bericht sehr ähnlich sehen soll.

Da ich nächste Sommerferien ohnedieß heimkomme so können wir dann darüber mündlich sprechen u. ich glaube, daß ich dann jedenfalls im Bregenzerwald modellieren werde daran. Auf die Phothografie werde ich recht Acht geben, da es die Einzige ist. Meinen verbindlichsten Dank für Deine aufr. Gratulation zu meinem Preise. Leider habe ich davon keinen materiellen Nutzen. Wenn ich jetzt zum Bsp. Tiroler wäre so wäre mir ein Stipendium soviel wie sicher, aber in unserem fortschrittlichen industriereichen Vorarlberg muß die Kunst als ein Rückschritt betrachtet werden, da man für dieselbe garnichts thut. -

Deinen neuen Roman hatte ich noch nicht Gelegenheit zu lesen, allein ich werde ihn sehr wahrscheinlich von Feurstein zu leihen bekommen u. freue mich recht darauf. Auch auf Deine Lebens­biographie bin ich sehr neugierig.

Da es heute Faschingsdienstag ist so wirst Du mir meine Fehler so wie mein kurzes Schreiben entschuldigen u. mir erlauben hier meinen Schluß zu machen. Indem ich Dich nebst all meinen Bekannten herzlich grüße

verbleibe ich

Dein aufr. Freund

G. Feurstein

Keine