VON JOHANN JOSEF FELDER AUS NIORT

lfndenr: 
16
10. Juli 1859

Mon cher ami!

Eine fürchterliche Hitze stellt sich hir allmählig ein, nur der Wind vom Meere sollte ausbleiben u. ich währe ein verlore­ner, gebratener östreicher. Schon lange ja sehr lange ist es, daß ich Dier geschriben habe, auch meinem Vatter aber die Antwort ist nicht zu erhalten. Ich habe daher eine Gelegen­heit benützt die Du villeicht hoffe ich, auch benützen wirst. Da jetz nämlich Waffenstillstand ist, wie eine Depesche von gestern sagt, so wird auch Garibaldi sein vorrücken einstellen u. Euch feigen Tirolern u. Vorarlbergern wird einmahl Zeit gegönnt wieder zu athmen. Eigentlich begreiffe ich nicht warum unsere so guten u. vrüher so tapfren Tiroler dem Garibaldi keine Kugel geschickt haben, die in ins Paradis versetzt hätte. Wie es mir aber scheint, so ist die Tapferkeit meiner Landsleute seit der Erfindung des Kafees u. dem ein­treten der Erdäpfelkrankheit ganz verschwunden; Ich sage dir Freund, wenn ich zu Hause währe, ich würde gewis nicht der letzte sein, so aber ist das Hinderniß größer als meine Tapfer­keit. Darum schreibe mir bald aber nur was so oberflächlich bei uns vorgeht u. stecke die Feder nicht zu weit in die Poli­tick. Ich befinde mich sehr wohl u. harre mit Sehnsucht das Ihr Tiroler od. die östr. Armee auch einmahl einen herrlichen Sieg über die Rothhösler gewinnen werden. Denn da wo die Kanone gut u. am besten gerichtet ist, gewinnt die Unge­rechtigkeit. Darum ergreifet im Ernste das Schwert, ladet fest Eure Stutzen, u. laßt die Klosternonnen, an denen es in Ost­reich nicht fehlt, mit dem Rosenkrantz fechten. Dann werdet Ihr mit Ruhm bedeckt, sonst aber sind u. bleibt Ihr Sklafen des Klerus.

Es grüßt Dich in der Ferne so auch meine Eltern u. Geschwi­ster Mit Brudergruß u. Handschlag

Seppel.

Mein Vetter u. Base lassen alle ihre verwanten vilmahl grüßen u. hoffen daß sie sich so gesund u. zufrieden wie sie befinden. ­Je tu comprie, oubliet pas.

Schon längst warte ich auf krigsgefangene Tiroler, aber sie kommen nie. Jedoch nicht weit von hier hat es gefangene östreicher von allen Raßen.