AN FRANZ XAVER JOCHUM [IN WIEN] [ENTWURF]

lfndenr: 
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17. Juli 1859

Theuerster Freund.

Düster und immer düsterer gestaltet sich der politische Him­mel, u. auch die Welt wird, oder ist schon so voll Nebel geworden, daß Niemand mehr weißt, wie die Sachen an jenem Himmel stehen; in unserm Tirol wurde zur Landesver­teidigung eine Armee von 24000 Mann ausgehoben; man spielte in jeder Gemeinde, Schoppernau stellt 13 Mann; von dem Zweck u. der Stellung dieser Landesvertheidiger wirst Du durch die Zeitungen unterrichtet worden sein? Hochkrum­bach stellte 1 Mann, für Dich hat ein „Ungenannter" 10 fl K Mze. angelegt.

Vieles hätte ich Dir zu vertrauen, aber ich weis ja nicht ob u. wo Dich diese Zeilen finden werden. Bist Du noch in Wien. Wie geht es Dir, über diese und noch viele Fragen wünschte ich Antwort. Oder darf man aus Deinem Stillschweigen, wie aus dem meinen, allemal schließen, daß es Dir gut geht u. daß Du im alten Trott fortlebst?

Ich und all die Deinen sind gesund u. wohl nur ist Deine Mut­ter ungemein bekümmert um Dich.

Hr Johann  Rüscher soll in  Innsbruck fortgeschickt worden sein u. ist jetzt Landesvertheidiger geworden.

Sobald Du geschrieben hast wo Du bist schreib ich Dir mehr bis dahin aber nehme die Versicherung daß ich ewig bleibe

Dein treuer

Freund

Franz Michel Felder

Ich habe hier eilig geschrieben da ich nicht weiß wer es lesen wird noch vergaß ich zu schreiben, daß Dich Deine u. meine Mutter grüssen läßt erstere unter - Trähnen! O schreibe bald!