VON KARL PRÖLL AUS GRAZ

lfndenr: 
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8. März 1868

Werther Herr u. Freund!

Uibersende Ihnen in Voraus die Beilage der nächsten Nummer wo ich Ihre Selbstbiografie nur in der Person umgeändert u. mit einigen einleitenden Worten versehen brachte. Ich habe es möglichst schnell gethan, sogar den gesetzten Musikbeitrag aufgehoben, um Ihnen auch in Oesterreich einiges Terrain zu erobern, dessen Sie in Ihrem unerschütterlichen Kampfe so sehr bedürfen, u. damit Sie mich nicht auch unter die Lauen werfen. Ausserdem konnte ich räumlich nichts mehr erweitern u. war noch dazu mit der Leitung von Dr. Eckardts Vorlesungen beschäftigt. Ein eigenes Urtheil über Ihre Werke konnte ich nicht beischliessen, da ich leider nur Proben daraus kenne u. selbst nur ein armer Literat bin, der sich nicht alle Werke, die ihn interessiren, anschaffen kann. Hier liegt es, zur [ächten] Schande sei es gesagt, nicht einmal in der Leihbibliothek auf. Ist Hirzel kein Schmuzier, nun so schicken Sie ihm allenfalls das Beiblatt u. vielleicht schickt er mir dann Ihre Sonderlinge, ganz gewiss aber schon zum eigenen Vortheil Ihr nächstes Werk auf das ich mich recht freue u. das ich doch erst wieder ausführlicher besprechen kann. Uibrigens schadet das ja Ihnen nicht; denn Besseres als Byr gesagt, könnte ich doch nicht sagen. Uiber die „Liebeszeichen" schwieg ich aber, weil ich die Selbst Reklame von uns im eigenen Blatt ä la Leipzig. Gartenlaube nicht liebe. Unsere früheren Abon. ergänzen sich das selbst. Im S u m m u m hoffe ich, daß es Ihnen immerhin etwas nützt, wie es so recht u. schlecht dasteht. Hügel wird Ihnen Samstag noch einige Beilagen mitsenden u. haben Sie zu wenig so schreiben Sie an ihn selbst. Meine Briefe sind mir lieb, wenn sie unter m. Namens-Adresse kommen, da doch Störungen manchmal unvermeidlich u. ich mehr persönlich u. herzlich gehaltene Briefe ungern, wenn auch nur auf einen Zufalls-Einblick in fremden Händen sehe.

Für Ihre Fotografie herzlichen Dank; werde später erwiedern, in dem ich jetzt „kein Lichtbild" von mir besitze u. erst später besorgt darum sein muss. Gratulire zu Ihrem jüngsten Sprossen; möge er dem Vater gleich werden!

Abdruck der „Schattenbilder in der Grazer Tagespost" werden Sie erhalten haben. Ihren „zwei Tagen eines Bäuerleins" werde ich ebenfalls noch einen 2. Abdruck in einem hierortigen Organe vermitteln; so daß Ihr Name nach u. nach geläufig wird.

Gruss u. Handschlag

von Ihren Freund

Karl Pröll

N. B. Redakteur der Tagespost, Dr. Viktor Swoboda, möchte von Ihnen auch kurze Berichte, welche namentlich Kultur-Interessen u. politische Spitzen vereinen, also eine Art polit. Feuilleton hie u. da von Ihnen erhalten. „Tagespost" zahlt 60 fl für Ihre Bogen von 2000 Zeil. also immerhin mehr wie wir u. ist in Steiermark viel gelesen, kommt aber freilich nicht so weit wie wir mit unseren wenigeren Abonn. (bis Stockholm, Riga, Neapel, Paris etc.) Da ich überzeugt bin, daß Sie mir nicht ganz untreu werden, sondern alle 3-4 Monate noch immer einen kleinen Artikel ethnograf. Natur von etwa 1/4- 1/8Druckbog, senden werden trotz schlechterer Beding., so empfehle ich Ihnen sehr diese Anknüpf. Bitte sich aber dann gleich direkt an V. Swoboda zu wenden (unt. Adresse: „Redakt, der Tagespost" in Graz) denn ältere Redakteure sind eitel u. eifersüch­tig. Bei mir, der ich nach 1 Jahr weniger als Sie zähle, hat man noch nicht diesen literar. Hochmuth!

Keine