FRANZ MICHAEL FELDER AN KASPAR MOOSBRUGGER

lfndenr: 
498
5. März 1868

Lieber Freund!

Pröll schreibt mir, daß mein Artikel in der Redaktion des Wanderer verloren gegangen zu sein scheine. Ich hab mich nun an Mayer gewendet, und unterdessen einen ändern Artikel - einen kurzen Auszug des ersten - fortgeschickt. Von Vonbank hab ich Euer Programm mit kurzem Begleit­schreiben erhalten. In Beilage l findest Du die Abschrift meiner Antwort. Beilage II enthält die Abschrift einer Er­klärung, die wir in der Landeszeitung veröffentlichen wollen. Noch harrt das Original Deiner Antwort, die wir mit um­gehender Post erwarten. Ich hoffe denn auch, Dein Urteil über den Brief an Vonbank zu erfahren. Begeisterung für den ultramontanen Standpunkt hab ich nicht und gebe diesen Leuten noch ungern eine Waffe in die Hand. Die Predigt in Reuthe macht hier großes Aufsehen, aber ich weiß mich nur mit der Erklärung II zu wehren. Weißt Du was Besseres? Hildebrand schreibt mir: In einer angesehenen holländischen Zeitschrift von Verbreitung und Ruf finde er einen langen Artikel unter dem Titel Franz Michael Felder. Der Artikel berichte von mir als Bauer, Dichter und Reformer. Er sei mit mehr Wärme und Verständnis geschrieben, als was durch Deutsche über mich in die Öffentlichkeit gelangte, und Hirzel lasse mir überraschenden Absatz der Sonderlinge nach Hol­land melden. Es soll auch in dem Artikel einiges ins Hollän­dische übersetzt sein, z. B. die Rede Marianns über das Jauchzen.

Sonst schreibt mir Hildebrand, daß von meinen Freunden in Leipzig schon für die Mittel zu einem zweiten Besuch im Norden gesorgt sei.

Doch meine Zeit ist alle. Sei so gut, mir gleich eine Antwort mit den Abschriften zu schicken. Mit Gruß und Handschlag Dein Freund                                                          F. M. Felder

[Diesem Briefe sind beigeschlossen: Zwei Beilagen:

a)          ein Brief F. M. Felders an den Redakteur Vonbank des Vorarlberger Volksblattes

b)          eine Erklärung des Gemeindevorstandes von Schoppernau, veröffentlicht in der V. Landeszeitung

Beide von der Frau Felders in ihrer Handschrift abgeschrie­ben.]

[(Felders Brief an den Redakteur des Vorarlbg. Volksblattes:)]

Schoppernau, den 2. März 1868 Geehrte Redaktion!

Ihre werte Zusendung war die erste, welche mir unsere neue Post brachte. Ich werde es freudig begrüßen, wenn's möglich wird, in unserm Lande und für dasselbe nach dem erhaltenen Programm zu arbeiten. Bisher konnte man das nicht. Daß ich aber immer und überall in diesem Sinne arbeitete, volle Gleichberechtigung anstrebend und was dazu führt, dabei alle Gegner derselben ohne Rücksicht bekämpfend, das wird mir jeder bezeugen, der sich näher um das kümmerte, was ich tat und schrieb, als um die wunderlichen Geburten eines bedauerlichen Vorurteils, gegen den eigensinnigen Bauern, und die von ihm - dem Freimaurer - gestiftete Sekte. Ihre werte Sendung ist mir Beweis, daß Sie das mit mir bedauern und es in Ordnung finden, wenn ich mich dagegen wehre. Mein Programm liegt in den Sonderlingen vor und wird in meinem neuen Roman noch festere Gestalt gewinnen. Ich finde es durchaus in Übereinstimmung mit dem Über­sendeten. Ich will dem Volke dienen mit meiner Kraft, so gut ich's kann. Freudig schließe ich da mich an, wo das auch bezweckt wird und suche gern statt dem Trennenden das Gemeinsame auf, wo es ein Großes zu erreichen gilt. Entschuldigen Sie den gerade von der bisherigen Partei des Volksblattes so oft Mißverstandenen, daß er mit diesem Ihnen seinen Standpunkt kurz klar zu stellen suchte. Ich habe die Absicht, noch heute das Programm unterzeichnet an Herrn Pfarrer Berchtold zu senden. Meine Feder wird für die in demselben aufgestellten Grundsätze arbeiten, und ich schätze mich glücklich, wenn ich das im engern Vaterlande auch kann.

Freudig begrüße ich Sie denn als Kämpfer für wahre Gleich­berechtigung und zeichne Hochachtungsvoll Ihr ergebener

Franz Michael Felder

Erklärung

In einer zu Reuthe am 28. Februar gehaltenen Predigt gegen Glaubenslosigkeit erlaubte sich der Herr Pfarrer von Bizau bei in [sie!] einer Klage wegen Überhandnehmen des Un­glaubens, auf die Gemeinde Schoppernau als abschreckendes Beispiel hinzuweisen. Die Gefertigten sehen sich zu der Er­klärung genötigt: Daß hier noch nichts geschehen ist, was zu solcher öffentlichen, die Gemüter in hohem Grade auf­regenden Beschimpfung der Gemeinde berechtigen könnte. Die Gemeindebürger sind durch ihren frühern Pfarrer Stock­mayer zu gut im Glauben unterwiesen, um sich durch das gegründete Mißtrauen gegen einzelne Verkünder des Wortes, die im Sinne des erwähnten Predigers wirken wollen, vom Wege des Heiles abbringen zu lassen, und glauben im Namen der Gemeinde, sich dadurch zum katholischen Glau­ben bekennen zu müssen, daß sie den Pfarrer von Bizau öffentlich für einen Verleumder erklären.

Schoppernau, den 4. März [1868]

gefertigt waren Vorsteher

und die zwei Gemeinderäte

von Schoppernau

[Zusatz von K. Moosbrugger:]

Diese Erklärung ist über meinen folgenden Brief etwas ge­ändert, von der Landeszeitung in zugestutzter Form gebracht worden. Dagegen haben dann der betreffende Pfarrer in Bizau und einige Schoppernauer eine Gegenerklärung ver­öffentlicht. Wer da oder in anderen strittigen Punkten dem Recht und der Wahrheit näher kam /:sie völlig zu erreichen wird hienieden wohl niemandem gelingen:/, das zu unter­suchen gehört nicht hieher, da diese nur unklares Material veröffentlichten.

Keine