FRANZ MICHAEL FELDER AN KASPAR MOOSBRUGGER

lfndenr: 
503
10. März 1868

Lieber Freund!

Das Briefschreiben und Zeitungslesen [bringt] durch die tägliche Post neuen Reiz, und ich habe beides nie fleißiger betrieben als jetzt. Deinen Brief samt Beilage hab ich eben erhalten und schreibe Dir noch heute abends, weil der morgige Tag meinem Roman gehören soll. Die Brixner krie­gen da Haue, wie selbst in den Sonderlingen nicht, 's ist ja nur pures Heidentum, der Stoff bringt's mit, und dann muß dem Volk auch gezeigt werden, was die Kerle eigentlich möchten. Den ersten Band hab ich noch fast durchweg umge­arbeitet, damit ihm nicht hie und da, wie dem von Schweizer, das Ästhetische fehle, der erste Band ist fertig. Das Ganze dürfte am 1. Mai wieder von Bludenz abgehen können wie die Sonderlinge. Mir wird's leicht, wenn ich des Stoffes einmal ledig bin. Vielleicht kann ich dann im Sommer die Korrek­turen lesen, wenn ihn Hirzel nimmt, woran Hildebrand nicht zweifelt, sonst aber geh ich zu Springer in Berlin, dem Ver­leger Jeremias Gotthelfs, der mir bereits Anträge machen ließ. Heut erhältst Du den vom Wible abgeschriebenen Be­richt für Seyffertitz, den er „benützen'' will. Ferner den verspäteten Wanderer-Artikel mit sehr unlieber Abschneidung des Eingangs. Du kannst das Blatt behalten und zirkulieren lassen. In der Grazer Tagespost dürfte sich dieser Tage noch etwas Besseres (Gesalzeneres) finden, wenn man mich nicht wieder so beschneidet. Die Veröffentlichung der Federzeich­nungen geschah gegen meinen Willen. Ich forderte die etwas veraltete Arbeit drohend zurück, worauf sie dann erschien. Der Artikel, den ich letzte Woche versandte, paßt jetzt besser. Ich hab wieder angefangen und nun soll's überall Bomben regnen. Wohl haben wir hier in Schopp[ernau] eitel Frieden, weil Rüscher sich geschlagen sieht. Die bei­liegende Bekanntgebung von Feldkirch, den 8. Febr., ließ mir Müller erst am 22. zukommen. Daß sie acht Tage auf dem Gericht war, ist erwiesen. Ich meldete das an das kompetente Untersuchungsgericht mit der Bemerkung, daß unterdessen die Neuwahlen vorgenommen und Zeugen verhört wurden, ohne daß jemand das Wahlrecht verlor. Nun hat Müller, der schon die Täter und den Beschuldigten auf den 12. d. M. vorgeladen hatte, die „Vertagung" melden müssen. Arzt Dünser weiß, daß ihm die Akten erst höflich, dann gröber abgefordert worden sind.

Über die Predigt in Reuthe hat Feurstein heut berichtet, und es ist möglich, daß wir die Erklärung liegen lassen. Ich hab am Sonntag einen Buben bekommen und ihm für sein Lebtag den Namen Martin gegeben. Mutter und Kind sind wohl. Auch Pius soll sich besser befinden. Ich hatte lang nicht mehr Zeit, ihn zu besuchen. Ich schreibe schrecklich viele Briefe, und mein Roman wird mir, was davon nur noch im Kopf ist, nachgerade zur Last. Du wirst ihn wohl auch noch lesen wollen?

Über die Allianz der Demokraten mit den Ultramontanen, wie sie im Volksblatt sich offenbaren, bemerkt Feurstein, man werde sehen, wer den anderen bei den Ohren führe. Deine Beilagen will ich besorgen. Mit Gruß und Handschlag Dein Freund

Felder Die Beilagen sende zurück.

Keine