AUFRUF AN DIE BAUERN DES HINTERBREGENZER¬WALDES ZUR GRÜNDUNG EINES LANDWIRTSCHAFT¬LICHEN ZWEIGVEREINS

lfndenr: 
683
8. März 1869

Geehrter Herr

Sie haben es gewiß mit Freuden begrüßt daß unsere hohe Regierung sich mit so vieler Theilnahme landwirtschaftlichen Fragen zuwen­det und in der Hebung des Ackerbaues und der Alpen Wirtschaft eine ihrer wichtigsten Aufgaben sieht. Noch werden die Natur­kräfte, die auch dem Landwirthe dienstbar sind, von den wenigsten so ausgenützt und beherrscht wie es zum Wohle der Gesellschaft und des Einzelnen zu wünschen wäre. Es dürfte auch noch lange beim Alten bleiben wenn nicht die besten Kräfte sich zusammen­thun, um durch Wort und That jedem die Vortheile zu zeigen, welche ein landwirthschaftlicher Betrieb gewährt, welcher mit ausdauerndem Fleiß auch richtige Erkenntniß der hier waltenden Naturgesetze verbindet.

Die hohe Regierung hat, dieses erkennend, landwirtschaftliche Vereine nach Kräften zu unterstützen, ihre gemeinnützigen Zwecke zu fördern gesucht. Sie sieht in diesen Körperschaften die Vermittler zwischen Theorie und Praxis welche die Arbeit der Wissenschaft, wo diese vortheilhaftes an den Tag fördert, zum Gemeingut machen können und will ihrer Thätigkeit mit zu Gebothe stehenden Mitteln förderlich sein.

Auch in Vorarlberg ist durch das Zusammenwirken einsichtiger auf das allgemeine Wohl bedachter Männer schon vor Jahren ein landwirtschaftlicher Verein entstanden. Im Bregenzerwalde war leider bisher die Theilnahme noch keine so große, wie sie die Wichtigkeit des Vereins für das rein auf Landwirthschaft angewie­sene Aachthal erwarten und wünschen ließ. Der Grund hiefür ist doch wohl weniger ein Verkennen der Nützlichkeit des Vereins, oder die Neigung, ruhig beim alten zu bleiben während andere rüstig auf neueröffneten Bahnen vorwärts schreiten, sondern die Erwägung, daß die von uns betriebene Milchwirtschaft neben ändern Zweigen des Vereins nicht jene Beachtung und Pflege findet, welche sie uns zu verdienen scheint.

Kann aber das anders werden, wenn wir uns zurückziehen? Gewiß nicht und was an obigem Einwürfe gegründet sein mag, haben wir einzig unserer Haltung dem Vereine gegenüber zuzuschreiben. Einem Schweigenden ist nicht zu helfen und in unserer Stellung verharrend würden wir, würde die Alpenwirthschaft bald beinahe leer ausgehen bei allem, was vom Vereine zur Förderung der Landwirthschaft gewonnen wird.

Freilich kann in einem Lande, wo so viele Zweige der Landwirth­schaft blühen, wie in Vorarlberg, sich die Aufmerksamkeit des Vereins nicht etwa nur Einem derselben zuwenden. Daher sollten in einzelnen Landestheilen Zweigvereine errichtet werden, in denen die eigenen Angelegenheiten besprochen, Anträge und Forderungen gestellt werden können.

Ein Erlaß unseres hohen Ackerbauministeriums an den vorarlberger Landwirthschaftsverein fordert uns unter Zusicherung hoher Unter­stützung hiezu auf indem es dort u. A. heißt: Bezirks- Zweig und Filialvereine oder überhaupt lokale Gesell­schaften für Landwirthschaft werden daher nur in so ferne an den von dem Ministerium zu gewährenden Subventionen Antheil neh­men können, als sie mit der Hauptgesellschaft des Landes in einer solchen Verbindung stehen, daß diese Letztern an den Erstem wirksame Glieder oder Abzweigungen oder Organe besitzt und im Nahmen aller mit dem Ministerium verhandelt.

Keine