FRANZ MICHAEL FELDER AN KASPAR MOOSBRUGGER

lfndenr: 
664
29. Januar 1869

Lieber Freund!

Es scheint mir unmöglich, von Dir ein Schreiben zu erwarten. Auch seit meinem letzten Briefe ist es so lang, daß ich dessen im Drange vieler Arbeit entstandenen Inhalt wieder völlig vergaß. Es ist daher möglich, daß ich heute bereits Ge­meldetes wiederhole.

Fräulein Gaßner hat bereits geantwortet und auch deren Schwesterchen legte ein Briefchen bei, welches die Schreiberin als eine interessante Schwärmerin erscheinen läßt. Ich bin auf diese Weise nun in den gewünschten brieflichen Verkehr mit Scherer gekommen und habe so meinen im Auge ge­habten Zweck erreicht.

In Wien wird sich's dieser Tage zeigen, was mein Name und was meine dortigen Freunde vermögen. Du wirst Hamms Brief wohl gelesen haben? Ich schickte ihn Dir und hoffte, gleich Dein Urteil zu erfahren. Es wäre schlimm, wenn mein Eigensinn in einem Stück Dir die Korrespondenz mit mir verleidete. Dann käme ich gleich hinauf, läse Dir tüchtig den Text und bliebe Dir und Deiner Frau wenigstens eine halbe Woche auf dem Hals, wozu ich auch sonst fast Lust hätte. Ich sehne mich zuweilen recht nach Bewegung, denn wenn ich hier bin, vermag ich mich nur durch unausgesetztes Ar­beiten von quälenden Gedanken zu befreien. Anderwärts kann man doch in gute Gesellschaft, wenn's einem zu Hause nicht mehr behagt.

Wie geht es dem Leseverein? Ich versprach mir etwas davon, bis ich in der Feldkircher Zeitung davon las, jetzt aber zweifle ich an Deiner Mitgliedschaft. In Bezau haben ich und Feur­stein die Anregung gegeben, als die übrigen einen Verein der Verfassungsfreunde gründen wollten. Daß ich nun unsere Bibliothek in Schoppernau - versteht sich unter Bedingungen - nach Bezau wandern lasse, ist natürlich, denn ich errichtete sie fürs Land. Die Statuten beruhen auf demokrati­scher Grundlage, so daß die Sache den Liberalen so sehr wie den Ultramontanen im Magen liegt, obwohl die Feldkircher Zeitung endlich gute Miene zum bösen Spiele zu machen sucht. - Das Volksblatt erhalte ich unbestellt und bin auch zur Mitarbeit eingeladen worden.

Bisher aber bin ich mit meiner Biographie beschäftigt. Ich hoffe, das Werk werde auch Dir nicht mißfallen. Das ist nun einmal etwas Reelles, und ich finde so nebenbei für manches Platz.

Feurstein in Bezau will meine Gedichte sammeln und drucken, um mir zu zeigen, wie vorteilhaft der Selbstverlag wäre. Ich werde Dir die zur Veröffentlichung bestimmten Arbeiten vor­legen.

Das Vorsteherle hat nun geheiratet und Galli auch, wie das Volksblatt erzählt, in dem ich mit Staunen auch einen Artikel von E. Keßler fand. Die holländische Übersetzung der Sonder­linge ist nun heraus, und ich denke, sie dem Museum zu senden.

Schreibe bald. Mit Gruß, auch an Deine Therese, die mir ihr Bild schicken soll, und Handschlag Dein Freund     F. M. Felder

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