FRANZ MICHAEL FELDER AN KASPAR MOOSBRUGGER

lfndenr: 
651
21. Dezember 1868

Lieber Freund!

Heute nichts oder doch nur wenig mehr von meinem Roman, obwohl ich noch manches zu sagen hätte. Ich habe Dir wichtige Mitteilungen zu machen, die Dich freuen werden. Den Brief von Hamm hat nun Mariann für Hildebrand abge­schrieben, denn ich glaubte, dem die Mitteilung des Inhalts schuldig zu sein. Unter den mir gemachten Anerbietungen hab ich vorläufig die Unterstützung durch den Schillerverein gewünscht, damit „nicht weitere Ausbildung und freudiges Schaffen - womöglich auch im Sinn des Ministerialrats ­durch das blasse Gespenst der Sorge gehindert werde". Es hätte etwas Behagliches, ein von der Regierung bezahlter Schriftsteller zu sein, aber vor allem will ich mir freie Hand behalten. Es war nicht die Aussicht auf Gewinn, sondern die Macht des Gedankens, die Wärme der Empfindung, was mich zum Schriftsteller machte. Diesen beiden dient meine Feder. Das Übrige wird sich finden. Übrigens ist Hamms Brief in einem Tone gehalten, der mich froh werden läßt über die zu ihm gewonnenen Beziehungen. Man sieht's gleich, daß er ein Deutscher ist.

Als ich ihm geantwortet hatte, kommt gleich ein Brief von Bergmann, der ersucht mich, ihm sofort ein Gesuch an die Schillerstiftung zu übersenden, denn nach Lesung von Reich und Arm ist er zur Überzeugung gelangt, daß mir Muße zur vollen Entwicklung meiner Kraft geschafft werden müsse. Er teilt mir mit, daß auch bei Hofer von meinem Schaffen die Rede gewesen sei, und tut das mit einer bei ihm erklär­lichen Wichtigkeit. Ich habe dann das Gesuch verfaßt und geschickt, gleichzeitig aber Bergmann von Hamm und dann auch diesem von jenem das Nötige mitgeteilt, damit keiner bös auf mich werde und sie ihre Schritte gemeinsam tun können. Mehr hoffe ich - offen gesagt - von Hamm. Bis Ende Jänner wird sich's zeigen, was ich zu erwarten habe. Unterdessen arbeite ich an meiner Biographie mit einer Liebe und Hingebung, die vielleicht das Ganze etwas breit macht.

Du sollst, sobald ich sie entbehren kann, einige Kapitel er­halten. Jetzt drängt es mich wieder mehr zu freiem dich­terischem Gestalten, und es ist möglich, daß die Arbeit wieder für eine Weile beiseite gelegt wird. Wie war's denn, wenn man   einmal   so   eine   Dorfmutter  ä   la  Auer   Rößlewirtin, Stocks [?]  u.d.gl. streng liebevoll und naturwahr zeichnete. Es wäre leicht, sie in einem Roman zur Heldin zu machen, wie Gotthelf seine Anna Bäbi, und doch ganz anders. Das Briefschreiben nach allen Ecken nimmt mir viel Zeit weg, und doch ist mir der Verkehr mit so lieben begabten, teil­weise bedeutenden Menschen eine Anregung und Gewinn. Aus Artigkeit schreibe ich selten, aber zuweilen doch. Sei so gut, beiliegenden Brief zu befördern. Mit Gruß und Glückswunsch zum neuen Jahr Dein Freund

Felder

Schicke Hamms Brief gleich wieder, wenn Du schreibst.

 

Keine