FRANZ MICHAEL FELDER AN KASPAR MOOSBRUGGER

lfndenr: 
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10. August 1862

Mein lieber Schwager!

Hiemit übersende ich Dir die Allgemeine Zeitung 197-209 und die Gerichtshalle, welche der Bote jetzt allemal bei mir ablegt. Die Rede, welche Dr. Wildauer in Frankfurt hielt, wird Dir gewiß gefallen, und Du wirst es in der Ordnung finden, daß ihn, wie ich eben gelesen, der Kaiser durch ein eigenes Handschreiben und die Frankfurter durch ein recht hübsches Akrostichon (siehe Allg. Zeitung) ehrten. Nur der gänzliche Mangel an sonstigen Neuigkeiten ist die Ursach, daß ich hier aus der Zeitung abschreibe: „Da hätt man sich ja das Schrei­ben ersparen können!" wirst Du denken. Ja lieber Freund! Das weiß ich schon auch, aber ich weiß noch etwas, und das ist: Man soll nie grad mit der Tür ins Haus fallen. Das heißt: Ich hätte eine Bitte an Dich, die ich schon mehr Mal ausgesprochen habe, und ich wollte Dich auch heut wieder damit drangsalieren, aber einen Brief schreiben, der sauber nichts enthält als eine Bitte, das wollte ich halt nicht. Mein Nümmamüller wäre fertig und es fehlt zum Fortschicken nur noch die Vorrede, welche Du mir zu machen versprachst, und ich bitte Dich, sie mir, wenn Du Zeit hast, zu entwerfen. Was ich darin sagen will, weißt Du eben so gut als ich, und das Werk kennst Du im Ganzen auch, obschon ich noch sehr viel umgearbeitet habe, denn der Plan ist unverändert ge­blieben. Ich lege hier auch die Vorrede zu Auerbachs Dorf­geschichten bei; fast alles, was dort gesagt ist, könnte auch hier gelten.

Frage gelegentlich beim Pfarrer Tiefenthaler nach, ob er nichts vom Jochum wisse. Mich hat ein Gerücht, der Jochum sei auf dem Todbett, fast erschreckt, und ich möchte gern etwas Gewisses hören. Ich hätte ihm geschrieben; aber ich hoffte, er werde heim kommen, da ja seine Studierzeit zu Ende wäre. Lebe wohl! Auf ein baldiges Wiedersehen freut sich Dein Freund

F. M. Felder

(Geschrieben in der Eil)