FRANZ MICHAEL FELDER AN KASPAR MOOSBRUGGER

lfndenr: 
224
28. August 1866

Lieber Freund!

Nicht nur mir und Dir, sondern vielen einsichtigen Käspro­duzenten hat der Artikel in der Feldkircher Zeitung Kopfarbeit gemacht. Dennoch wäre wohl ohne Dich wenig oder nichts geschehen. Wie bei uns, so ist auch hier in Bezau, wo ich mich seit gestern befinde, nur geschimpft, nicht aber ge­handelt worden. Auf der Reise hieher hab ich beim Gallus eingekehrt. Ich war noch unschlüssig, was ich da tun sollte. Die kurze Unterredung mit ihm hat entschieden. Hier ist kein Wachswetter, hab ich gedacht, und ihn in seines Nichts durchbohrendem Gefühl allein gelassen. Ich hoffte nun auf Feurstein und ich wurde nicht getäuscht. Du solltest uns herumrennen sehen!!

Glücklicherweise war auch Bechter, Vorsteher von Hittisau, hier. Ich hab ihm, diesem Gegner der Bourgeoisie, wie auch ändern Vertrauten Deine Korrespondenz vorgelegt und da­durch ihre Urteile über den Kammergeist - bestätiget. Ich zähle nicht auf, mit wem wir da und dort redeten. Ich und Feurstein haben, jeder einzeln, eine Bittschrift verfaßt, und es weichen die beiden Dokumente nur in der Form ab. Wir glaubten das gleich tun zu sollen, um ändern, die wir ge­winnen wollen, etwas Bestimmtes vorlegen zu können. Auch Bezirksvorsteher Müller will sein Möglichstes tun. - Ich und Feurstein hatten unter uns folgende Gedanken für maß­gebend gehalten: Die Kammer hat sich nur für ihre (Ganahl) Interessen zum Bitten entschlossen, also müssen auch wir es so machen, und in Erwägung, daß die Folgen unseres Schrittes weniger den Handelsstand als die Produzenten, auf die von ersterem abgewiesen wird (Lassalle), betreffen, ist die Ange­legenheit eine allgemeine, und sollen daher sämtliche Vor­stehungen in Eile ein Gesuch an das Handelsministerium unterzeichnen. Bezirksvorsteher Müller hat angeraten, eine Abschrift der Petition ans Ministerium auch der Kammer samt höflicher Aufklärung zu übersenden. Heute Nachmittag wird hier über die Sache verhandelt, wobei wohl auch die beiden Landtagsabgeordneten gegenwärtig sein werden. Noch heute hoffe ich, Dir also noch mehr mitteilen zu können. Nun plaudern wir noch bis Feursteins Mittagsschläfchen zu Ende. Wir gingen gestern etwas spät zu Bette.

Den Demokrat hab ich gleich nach Absendung meines letzten Briefes erhalten - er macht mit Schluß der Landtagssitzungen in Ungarn, als man bei Custozza zu Atem kam, für immer Kehrum und will mit so einer Macht nichts mehr zu tun haben. Das Reichsgesetz hat er schon lange gebracht, seine jetzige Richtung kannst Du Dir denken. Die gewünschten Nummern werde ich schicken, sobald Feurstein damit fertig ist, was wohl nicht mehr lange währen wird. Von Hildebrand hab ich am 20. d. Ms. einen Brief erhalten, aus dem ich, Dir nicht uninteressant, folgende Stellen aus­schreibe (beiläufig): „Wir haben keine solchen Siege Preußens gewünscht, obwohl wir auch Siege Österreichs nicht wün­schen konnten. Nun aber sehen wir die Zukunft klar und heiter vor uns, nach so langem Schwanken und Schweben. Aber Ihr da drunten - doch sind Sie uns nie verloren, be­sonders Sie in Südwesten müssen .. ."

Die Sonderlinge werden wohl noch in diesem Jahr erscheinen. Etwaige Änderungen wünscht H. bald. Ich habe noch nichts beschlossen. Daß ich etwa Gefühlspolitik treibe, fürchte ich nicht, das werde ich dem Helden überlassen, mit dem der Dichter sich geschwägert. - Doch man wird sehen, heut hab ich sonst noch zu sinnen. Der Isabell soll das Gewünschte bald übersendet werden. Mit meinem Glückwunsch zu Nr. 3 (Mikle) bin ich fast zu spät; doch ist es darum nicht minder herzlich, möge das Kind des lieben Namens wert bleiben. Auf der Auer-Kilbe war es schlecht. Wenig Leute, wenige Ge­schäfte, kein Tanz. Dein Bruder hat seinen Käs wie viele dem J. A. Ratz auf Gnade und Ungnade überlassen. - Den Grund der Färbung meines letzten Briefes hab ich nicht mehr Zeit zu schreiben, er läge Dir doch wohl zu fern. -

30.8.

Der Bezirksvorsteher hat, unsere Entwürfe benutzend, die Bittschrift aufgesetzt. Sie wird nun wohl recht sein, obwohl sie mir zu enge scheinen will. Der Freihandel im allgemeinen sollte vielleicht schärfer betont werden. Dein letzter Brief gefällt hier so gut wie mir. Ich werde Dir nächstens die sehr interessante Korrespondenz mit einem Bogen der Bittschrift schicken. Die Sache findet allgemein Anklang, und mein Ver­einsplan wird in jeder Weise gewinnen. Über Elsensohn, Greußing und Dr. Greber ein andermal. Die frohen in schöner Tätigkeit verbrachten Stunden sind gezählt. Ich muß machen, daß ich heim komme. Die Antwort des Königs von Preußen? Wollte man noch nicht trauen oder nur den Rittern einen Spaß machen? Mir ist das unerwartet. Ratz ist sehr wohl, unsere Schritte freuen ihn besser als die - Galle. Ich muß für heute schließen, denn noch werden mich der Förster und Elsensohn besuchen, um mich ein Stück zu be­gleiten. Ich wollte, ich könnte den Feurstein, bei dem ich hier wohne, für immer mit heim nehmen.

Mit vielen herzlichen Grüßen an Dich und die Deinen ver­bleibe ich Dein treuer, übermüdeter, neuermutigter, froh in die Zukunft blickender, stolzer Bregenzerwälder und Freund Felder, der vor kurzem einen wunderlichen Artikel für die Gartenlaube schrieb und hier vorlas.

F.

Keine