FRANZ MICHAEL FELDER AN KASPAR MOOSBRUGGER

lfndenr: 
326
1. Mai 1867

Lieber Freund!

Beiliegend übersendet Dir das Rehmer Naglerle, Muxel, einen Schuldschein und bittet Dich, der jetzigen Besitzerin des versetzten Anwesens, Christian Beisers Witwe zu Bürstegg am Lech, die Aufkündigung auf Martini 67 zu besorgen. Mühen und Kosten werde ich vergüten, da das Kapital jetzt unserer Gemeinde gehört. Näheres auf Verlangen später. Die Sonderlinge sind in aller Welt und auch Du wirst sie nun schon lesen. Hildebrands Artikel scheint Echos zu wecken. In den Zuschriften, die ich schon aus Nord und Süd erhielt, ist Dir vielleicht interessanter als Bergmann, Proelß u. a. eine von Engelbert Keßler, dem Herausgeber der Beamten­Korrespondenz in Wien. Der Eingang seines Schreibens, welches ich beilege, verspricht nicht besonders viel; ich hab einstweilen geantwortet, ich müßte erst den beigelegten Pack etwas durchgehen, damit ich mich über seinen Antrag er­klären könnte. Die gute Lehre, die er mir schließlich gibt, im kurzen: Einfachheit bleibe deine Größe! findet sich fast mit seinen Worten auch in ändern Briefen. Was er vom Berg­mann und dem Myrtenkranze sagt, hoffe ich gar nicht recht verstanden zu haben. Meine Lust, etwas für's Völklein zu tun, ist jetzt verdammt klein geworden. Die Leute hier herum sind zu erbärmlich. Fort!!

Ich war heut abends mitsamt dem Wible bei Dir, um noch im letzten Augenblick dem Verrücktwerden zu entrinnen, aber das schlechte Wetter hat uns eingesperrt. Ich halte mich bisher noch für zu aufgeregt, um den Pfaffen in den heiligen Pelz zu fahren, etwas aber muß nun geschehen. Ich bitte Dich, mit der Abfassung Deiner Erklärung wegen der Klarstellung auf unser Zusammenkommen zu warten. Wir müssen bald uns sprechen, es muß etwas geschehen, nachdem die gotts­erbärmlichen Gegner so aufziehen. Bald werde ich hier meines Lebens nicht mehr sicher sein, seit die Frommen es bedauern, daß vor sechs Jahren mich einer aus dem Wasser zog, statt mir einen Klotz nachzuwerfen. Jetzt hetzt das Kloster das ganze Land. Schoppernau und Au hielte sich ziemlich gut, aber da sonst bis nach Alberschwende mich alles für ein Kind des Teufels hält, so fangen doch manche zu wanken an. Kein Wunder, wenn man hört, was alles von mir gesagt wird. Die guten Leute wissen noch nicht, daß so ein Pfaff sich ans Haßrädlein setzen und Lügen spinnen kann trotz einer Heldin des Brunnens. Ich aber weiß es und hab's auf der letzten Reise zum hundertsten Mal erfahren. Auch über die Viehversicherung hab ich mit Feurstein und ändern geredet. Es hieß, so lange die Versammlung nur in Feldkirch sei, werde man gar nicht weiter prüfen. Es soll sich aus dem hintern Wald bisher auch noch niemand zum Beitritt erklärt haben. Wir Schoppernauer haben - aber ohne mein Eingreifen - bei dem unsern zu bleiben beschlossen. Ich  bin  heut gar nicht in  der Stimmung zum  Schreiben, sondern möchte lieber reden oder - dreinschlagen. In der Kirche feiern sechs Lügenfabrikanten St. Philipp und Jakob. Ein Mann ist der siebente, Kurat Herzog. Ich möchte nichts davon sehen, obwohl man gegen mich predigen wird. Lebe wohl, Dein Freund

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