VON FRANZ XAVER JOCHUM AUS WIEN

lfndenr: 
18
28. Juli 1859

Grüße mir auch alle Deine Freunde u. Bekannten, Oberhauser Bierbrauers, Kronenwirths ect.

Theurer Freund!

Ich kann mir wohl denken, daß Du über die lange Zögerung, neue Nachrichten Dir mitzutheilen etwas ungehalten sein wirst; was mir auch einen Beweis davon gibt, ist, daß Du mir den baldig versprochen[en] Brief noch nicht gesendet hast. Allerdings ist ein wenig Nachlässigkeit dabei gewesen, wie ich überhaupt im Schreiben nicht der fleißigste bin. Aber jetzt will ich die Sache so viel als möglich wieder gut machen. Als Entschuldigung mag dienen, daß ich immer auf eine größere Entwicklung meiner eigenen Verhältniße wartete, daß mir öfters auch das Geld zum frankieren fehlte, daß ich später auch wenig Zeit hatte.

Jedoch davon kannst Du versichert sein, daß ich Dich etwa nicht vergessen habe. Im Gegentheil Dein Wohl lag mir immer am Herzen, und hoffe nichts sehnlicher, als daß Du mir bald Deine Zufriedenheit, Deine glückliche Gesundheit, so Gott will, und die Erneuerung unserer Freundschaft schrift­lich mittheilest.

Auch Dein letzter Brief hat mich sehr gefreut, besonders daß Du die Hoffnung darin aussprachst, durch gefahrlose Augen­kur ein besseres Augenlicht zu bekommen. Gott wird hoffent­lich Deinen Wunsch erhört haben.

Unwahrscheinlich kam mir vor, daß die vom Jahre 1834/35 u. nicht vielmehr die von 1837/38 loosen mußten; und lachen mußte ich, daß Sieber es für beleidigend fand, weil ich Dr. Professor Feßler (von Lochau), der bald Erzbischof geworden wäre, und hier im größten Ansehen steht, den Berühm­testen in Vorarlberg gleich oder noch höher gestellt habe. Daß meine Mutter noch immer betrübt war wegen meiner Wahl des Standes, war mir allerdings unlieb, aber ich glaube sie wird nach u. nach ihre Vorurtheile, wie ich sie nennen zu dürfen meine, schon fahren lassen.

So höre denn wie es mir bisher ergangen. Lange konnte ich keine Lektion bekommen, und mußte deßhalb recht einge­zogen leben, ohne jedoch gerade Noth zu haben. In neuerer Zeit habe ich aber Lektionen genug bekommen, alle fast auf einmal. Bei den ersten war zwar die Bezahlung etwas schwach aber gleich darauf bekam ich etwas bessere. Die erste trug monatlich blos 4 fl C.M., von einer ändern habe ich 5 fl, von einer 8 fl, u. 5 Stunden habe ich in der Woche, wo jede Stunde 1/2 fl trägt. Diese letztern werden sich schon machen. Eine mit 10 fl per Monat werde ich wie ich hoffe bald bekom­men. Natürlich habe ich jetzt sehr viel zu thun, besonders weil ich auch noch sehr weit zu gehen habe, bis ich an den betreffenden Orten bin. Aber dafür kann ich mir wenigstens das nöthigste bestreiten, ohne gerade Noth zu leiden, und brauch auch keine fremde Hülfe mehr in Anspruch zu neh­men.

Das nächste Schuljahr kann ich allerdings nicht alle behalten, weil ich am Ende eine Prüffung über beide Jahre jus ablegen soll, und deßhalb auch studieren muß; aber auch mit etwa 3 täglichen Lektionen (natürlich den besten, die ich bekomme) werde ich mich durchbringen. Somit ist für mein Durchkommen gesorgt, wenn nicht Unglück mich verfolgt, dem jeder nich blos ich ausgesetzt ist. Mein Leben besteht daher gegenwärtig fast ausschließlich in Instruiren und etwas Studieren. Ich habe auch englisch angefangen. Am Ende des ersten   Semesters   machte   ich  2   freiwillige   Prüffungen   mit gutem Erfolge.

Nach Hause gehen kann ich in dieser Vakans nicht, weil es zu viel kostet, u. ich wegen den Instruktionen auch nicht leicht fortgehen kann, obwohl ich gern eine Zeitlang bei Dir und meinen Bekannten mich aufhalten möchte. Sonst lebe ich zufrieden hier. Schreibe mir recht bald wieder. Auch würde es mich freuen, wenn J.Jos.Felder mir einmal schreiben würde. Schicke mir eine genauere Adresse.

Neuigkeiten  weiß  ich  sonst  keine,  die  Dich   interessieren könnten.

Daher lebe wohl, mein theurer Freund u. schreibe bald.

Fr. Jochum

NB. Habe die Güte beiliegende Briefe abzugeben.

Keine