AN HERMANN SANDER IN FELDKIRCH

lfndenr: 
432
14. November 1867

Sehr geehrter Herr Professor!

Ihr so freundliches Schreiben hab ich letzten Sonntag erhalten und mit Freuden gelesen. Es war mir lieb, wieder einmal etwas aus dem Kreise zu hören, in dem ich so schöne Stunden erlebte. Freund Hildebrand bedauerte schmerzlich, Sie nicht zu treffen, und noch in den letzten Stunden hat er mir einen herzlichen Gruß „an alle die Wackern, die wir in Feldkirch besuchten und besuchen wollten", übergeben. Bei jenem Besuche überließ ich Kunzen den Grenzbothen Artikel zur Durchsicht und in Leipzig sagte er mir, daß Sie oder Herr Prof. Nachbaur ihn mir zurückgeben würden. Das war der Grund daß ich ihn so kurzweg forderte. Mit Hildebrands Schrift hab Ich auch Ihre werthen Beilagen erhalten, für die ich mich einstweilen herzlich bedanke.

Den Tannberger Artikel in der Europa würde ich Ihnen mit Freuden überlassen, wenn es nicht das einzige Exemplar wäre, welches ich besitze. Doch warten Sie noch mit der Übersen­dung: ich kann mir vielleicht von Leipzig Eins für mich bekommen.

Auch die in der österreichischen Gartenlaube erschienene Erzählung Liebeszeichen könnte ich Ihnen später übersenden, wenn Sie dieselbe noch nicht gelesen haben. War das aber schon der Fall, so ärgerten Sie Sich gewiß mit mir über die vielen unsinnigen Druckfehler. Dem, der da die Corectur las, hätte Freund Hildebrand wegen allzuängstlicher Genauigkeit keine Predigt halten müssen, wie eine für die Setzer in seiner Abhandlung steht. Ich hatte meine Freude an der kleinen ein­fachen Erzählung, bis ich sie gedruckt sah. Über die Auf­nahme derselben hab ich noch nichts erfahren. Mehr aber wundert mich, daß die neue Presse über die Sonderlinge kein Wort verliert, während im Norden selbst das Magazin f. d. Literatur des Auslands des Werkes in freundlichster Weise gedachte.

Hier hat der Winter dem Herbste recht läppisch ins Handwerk gegriffen. Ihr ergebener Freund sitzt in seinem Zimmer einge­schneit und arbeitet an seinem neuen Roman, neumuthig durch die freundliche Aufnahme seiner frühern Versuche. Ich vermisse hier oft Gesellschaft und manches andere, aber ich habe nun doch Freunde gefunden, an die ich schreiben darf. Zu diesen zähle ich mit Freuden auch Sie, und erlaube mir Sie zu bitten daß Sie meine Einsamkeit gelegenheitlich einmal wieder mit Nachrichten aus dem lieben Feldkirch beleben und erfreuen.

Leben Sie recht wol und grüßen Sie mir den werthen Kreis von damals

Mit Gruß und Handschlag Ihr ergebener

Franz M Felder

Keine