AN JOHANN JOSEF FELDER IN BERN

lfndenr: 
11
9. September 1858

Lieber Freund

Wie wunderbar sind die Fügungen Gottes, oder des Zufalls, im Grund ists ja eins! An dem Tage An dem ich Dein Schreiben erhielt, hatte ich von meinem Herzensfreund Jochum Auf 2 Jahre Abschid genommen, u. ihm von Herzen Glük gewünscht auf sei­ner Reise nach Wien, wo er von nun Juris studirt; traurig ging ich den Weg zurük nach Hause sah keinen Menschen an, alles rings um war für mich tod, da erschien Dein Brief wie dem in dunkler Nacht im Wald verirrten Wanderer der Mondschein. Wie traurig lebt sichs doch, auf der Welt ohne ein Wesen, das Leid und Freud mit uns theilt kein Glük der Menschen ist vollständig, wen er nicht dem ihm vom Schöpfer und Erhalter des Alls ins Herz geleg­ten Drang sich mitzutheilen, folgen kann und darf. Es ist nicht gut, daß der Mensch alein sei sprach Gott, und durch die folgenden Worte bestimmte er ihm seine Gesellschaft. - Doch ja - jetzt habe ich mich wieder, verzeihe es meinem - Dichterkopfe, wenn er zuweilen ins Romantische geräth. Wie ich lebe, fragst Du mich ­Göthe sagt in seinen Aphorismen: „unser Schiksal bestimmt unse­re Denkungsart", nun suche mein Schiksal in den Tönen die Dir dieser Brief vororgelt, oder wenigstens die Noten gibt.

Nachmittags 3 Uhr

Kreuzhimmelheiduken malefiz schockschweremnoths bomben­granatensternsaperment, Jetzt komm ich vom Heuen und bin ­Pudelnaß, ist das ein Wetter und auf den Bergen schmutzt kaum der Schnee der vor 8 tagen das Vieh auf 3 Tage aus den Hoch­alpen trieb mein Kopf der noch naß ist, ist so wenig zum Schrei­ben aufgelegt, als ein Baum zur Annahme eines vernünftigen Gedankens ich gebe Dir daher hier einen Brief Deines Vaters:

---------------- Lieber Sohn!------ ?---- ?---- !

Aus Deinem Schreiben vom 25/7 habe ich Deine Verhältnisse und Gesinnungen vernommen, aber Dir dieses zu rathen u. jenes zu mißbilligen steht nicht in meiner Macht weil meine Einsicht im tiefen Thale vonn verschneiten Bergen gestört ist, aber Du wirst ja selbst am beßten wissen, was das Beste ist. Jedoch wenn Du Dir getrautest, dem Geschäft vorstehen zu können und auch Deine Gesundheitszustände Deiner Reise und dem Leben unter Frem­den hinderlich sein sollten so sollst Du heim kommen u hier die Früchte deiner Kunst Ernten, gedenkst Du aber Dich noch mehr [zu] bilden u glaubst das es Dir Nothwendig sei so reise im Nahmen Gottes, und ich werde Dir mit der Antwort auf den Brief in dem Du mir Deinen Entschluß mittheilen wirst (Thue also was Du Willst aber entschließe Dich bald und schreibe es mir) „noch einmahl" Geld schiken.

Dein Vater Liebes Bürschlein hast Du jetzt das noch einmahl verstanden?

Abends 8 Uhr

Die Erdäpfel, die dieses Jahr nicht zum besten gerathen sind geschält - aber nicht alle die nicht gut gerathen sind wie still ists rings herum vor mir in der Komode stehen die Werke von Schiller, Göthe, Wieland, Lessing, Spindler Lavater Fichte Herder Zim­mermann u. a. u Du wolltest mich Filosofie u Moral lehren, Du traust Dir also fast mehr zu als unser Pfarrer. Doch zu solchen Dingen habe ich hier zu wenig räum um über solche Dinge zu schwazen. Übrigens bin ich der welcher mein Kopf bei obigen Schriftstellern, den besten aller Zeiten u Arten werden mußte aber noch immer Dein Freund, und als solcher wäre es seinem Herzen sehr lieb wenn du heim kämest. Der Verstand aber sagt: geh nach Frankreich wenn Du es für besser erkennst, der Vater wird noch ein mal pumpen aber frage auch Du Deinen Verstand u Deinen kranken Körper um Rath u dann schreibe bald Deinen Entschluß worauf Dir nöthigen falls der Vater das Geld schiken wird, wir alle sind gesund u lassen Dich freundlich grüssen vor allem läßt mein Bruder Kaspar Oberhauser den Freund seines Bruders Felder grüßen ich aber drüke Dir die Hand u sage wehmuthsvoll: Lebe wohl! u schreibe mir Bälder wieder als das letzte mahl

Keine