AN JOSEF FEUERSTEIN IN BEZAU

lfndenr: 
698
2. April 1869

Lieber Freund!

Mein Gesundheitszustand hat sich bisher nicht gebeßert, er gleicht wohl schon einem Krankheitszustand, wie du schon daraus siehst, daß ich eine fremde Hand an dich schreiben lassen muß. Ich liege im engen dumpfen Gado, hustend, frierend, schwitzend, raisonirend u. dann wieder schwach zum Versinken. Es soll mir an der Lunge fehlen, u. das Dökterle will mich in kurzer Zeit wieder herstellen. Das ist gut, denn das Kranksein behagt Keinem, am wenigsten aber dem, dem schon gesund so viel fehlt und dem Unthätigkeit Verzweiflung wird.

Ich habe übrigens ziemlich guten Appetit, kann ungeduldig sein u. glaube daher durchaus nicht, daß ich jetzt hier in diesem Loche den Geist aufgeben werde. Habt also keine Sorgen um mich. Dein Bericht über die Versammlung vom letzten Montag war mir sehr interessant. Ob ich bei der nächsten Versammlung sein werde, ist mehr als zweifelhaft. Da müßt ihr euch schon anderweitig decken u. abwarten ob mir überhaupt das Glück eurer Gesellschaft so bald wieder gegönnt ist. Die erwähnte Sennerei f. d. Verein ist nun gesichert.

So - und jetzt habe ich recht genug dictirt. Es steckt nichts mehr in meinem wirbeligen Kopf, als ein Gruß an Deine Frau, u. das Gefühl, daß ich in Hunger u. Kummer, in Noth und Tod verbleibe

Dein treuer Freund Franz Michael Felder

 

Keine