AN JOSEF FEUERSTEIN IN BEZAU

lfndenr: 
209
11. Juli 1866

Lieber Freund!

Sei so gut, Dich als Einwohner Schoppernaus zu denken der nur zweimal in der Woche veraltete Nachrichten aus der Welt herein erhält und Du wirst Dir auch vorstellen können wie lieb mir Deine Briefchen sind und wie dankbar ich Dir bin. Ich habe Dir einige Lieder zu liefern versprochen, die den Tirolerismuß etwas verdrängen sollten. Hier ist eins das in den Regentagen der letzten Wochen entstand. Der Gedanke ist volksthümlich ob sich aber der Vers zum Gesang eignet ist eine Andere Frage. Ich glaube ja: an den klangvollen, ängst­lich gefeilten Versen eines Platen Lenau etc bleibt dem Com­ponisten nichts mehr zu thun. Ich bitte mir Deine und der Deinen so wie Anderer Liebhaber Meinung über den Scherz

zu sagen und zugleich mitzutheilen ob Ihr mehr ähnliches wünschet. Gewiß wäre in den letzten Tagen die ich in mei­nem Arbeitszimmer verbrachte noch mehr für Dich Geeigne­tes entstanden, doch die neuesten Nachrichten vom nordi­schen Kriegsschauplatz haben die freundlichen Musen ver­scheucht und bisher hab ich sie vergebens angerufen. Die früheren Arbeiten dieser Art aber finde ich bei ernster Prü­fung nicht zur Veröffentlichung geeignet. Sei so gut mir das Gebethbuch: Der Katolick auf einige Wochen zur Durchsicht zu übersenden.

Wie geht [es] Dir mit Shelley's Königin Mab, macht Dich die Dichtung heiß oder kalt?

Was hast Du mit den Zeitungen ausgerichtet, hat die Gesell­schaft nichts dagegen, wenn ich die Gartenlaube mithalte? Ich bitte mir zu schreiben wie viel die Gesellschaft für die gelese­nen Nummern verlangte.

Zum Schluß des heutigen noch Etwas Erfreuliches! Ich arbeite schon längst daran daß wir doch auch eine tägliche Post bekommen. Endlich scheint etwas daraus werden zu wollen. Dann hat das Briefschreiben noch einen neuen Reiz. Soll ich Dir einmal etwas vom Lassalle oder seinen Schülern schicken? Baldige Antwort hoffend, mit 1000 Grüßen, Dich und die Deinen Dein Freund

Franz M Felder

Keine