AN KASPAR MOOSBRUGGER IN BLUDENZ [ENTWURF]

lfndenr: 
314
14. April 1867

Lieber Freund

Dein letztes Schreiben hab ich als einen herzlichen Ausdruck Deiner Freundschaft mit Vergnügen gelesen. Ich wußte ziem­lich bestimmt, daß Dir der Autodidakt die Stimmung verder­ben werde wie mir und meinen Freunden. Der Satz ist von Keil, ohne daß er vorher an mich schrieb, auf die Nachricht hin in das Blatt gekommen, daß die Gartenlaube mir zuerst Kunde von der Welt, von den in Jahrtausenden errungenen Kulturschätzen brachte. Wenn Du den Satz aufmerksam durchliesest, wirst Du finden was Keil daraus machen wollte aber sich dann schließlich doch nicht recht getraute. Sollte ich nun gleich gegen ihn auftretten, oder ihn durch die That widerlegen wo er zu weit geht? Ich habe das Letzte vorgezo­gen da ja eben der Beweis erscheint und Hildebrands Freunde schon für eine Berichtigung sorgen werden. Ich habe mich gottlob daran gewöhnt, die Meinungen über mich sich klären zu lassen ohne daß ich drein schlage und mit dem Bad auch das Kind ausschütte.

Ists doch jeder gewöhnt, lieber sich selbst aus einem Buch oder einem Brief herauszulesen statt dem Schreiber; ich fürchte, Du werdest das an meinen und Deinen Arbeiten noch oft erleben. Auch Dein Mißtrauen gegen meine Aussich­ten spricht mir ein wenig dafür und ich freue mich, Dir sagen zu können, daß es meines Wissens ganz unbegründet ist. Für die Aufnahme der Sonderlinge sind die günstigsten Vorzei­chen da; man redet mir schon von einer Übersetzung ins eng­lische, die Übersetzerin ist bereits gefunden. Es ist die, die auch den Auerbach übertrug. Man wird sehen wenn ich im Sommer nach Leipzig bin. Hildebrand kommt nämlich im Juli, bleibt einige Wochen da und will mich dann mitnehmen um mich auf dem Weg auch mit seinen Freunden in Augsburg, Stuttgart Frankfurt Weimar u a O bekannt zu machen. Heut hab ich einen Brief des Dichters Scheffel über meine Arbeiten gelesen; derselbe verspricht mir eine große Zukunft, was mich von diesem mehr freut, als von hundert Anderen Literät­lein.

Mein Tannberger Aufsatz ist schon, aber nicht in der Garten­laube, sondern in der Europa erschienen. Überhaupt sind Hil­debrand und Keil meinetwegen übers Kreuz gekommen. Der Erstere hat einen Artikel über mich für die Gartenlaube geschrieben und ist nun in der übelsten Stimmung daß Keil beim Coregiren so eigenmächtig damit verfuhr. Hildebrand beklagt die jetzige Geschmacklosigkeit und will in mir den Mann sehen, der da reformierend auftretten könne. Das wird genug sein daß Du Dich mit mir freust, daß ich ein Feld gefunden hab für meine Thatenlust. Nur da im Kampf mit dem täglich elendern Pfaffenthum gieng ich jetzt zu Grund wenn ich noch so abgeschlossen wäre wie früher und das verdanke ich Hildebrand und den Seinen. Hier hat unter denen, die es konnten, als Schriftsteller kein Mensch außer Dir etwas für mich gethan, und jetzt würde es bald noch schlimmer wer­den.

Und nun genug von dem, vom Pf äffen klatsch mag ich gar nicht mehr reden. Ich bin froh, daß ich meine Arbeit daheim meinen Boden aber einstweilen nicht nur im engeren Vater­ländchen habe. Du wirst meine Stimmung heute kaum ver­stehen denn Du lebst nicht hier und hast Deine Seele noch nicht verkauft für lutherisches Geld.

Die erwähnten Statuten hab ich erst erhalten und so wenig als Andere noch gelesen. Ich kann Dir also erst später davon schreiben.

„Reich und arm" wurden im Plan etwas geändert, die Rich­tung bleibt die Alte was Du mir denn doch endlich für ein und allemal glauben solltest.

Ich hab kaum noch Zeit, Schrift und Stil zu entschuldigen denn der Bothe wartet und ich bin noch nicht fertig mit Brief­schreiben. Leb wol Dein Freund

F M Felder

Keine