KASPAR MOOSBRUGGER AN FRANZ MICHAEL FELDER

lfndenr: 
93
22. August 1863

Lieber Freund!

Dein wertes und interessantes Schreiben vom 8. d. Ms. trifft mich zu einer Zeit, die mir gerade frei zur Verfügung steht und ich verwende sie am liebsten dazu, meinem lieben Freunde Gegenmitteilungen zu machen. ­Den Bruder Pius bedaure ich, daß ihn seine alte Neigung für eine so gemein gesinnte Person in solchem Grade erhitzt hat. Doch muß man vielleicht annehmen, daß seinem Vor­gehen mehr Berechnung, ob Hofstatt sich zu Hofstatt finde, als Liebe zu Grunde lag, in welchem Falle ihm ganz recht geschehen wäre. Überhaupt scheint mir unter mehreren meiner Geschwisterten ziemlich wenig geistiger Schwung, dafür aber eine um so größere Achtung vor handgreiflichem Besitz vorhanden zu sein. Sie teilen hierin zwar das Los ihrer Zeitgenossen, es ist aber ein Gehen mit dem großen Haufen nicht bei allen Leuten gleich zu beurteilen. ­Daß der Kustos Bergmann eine große Freude haben wird, wenn Du ihm Dein Erstlingswerk schickst, ist gewiß, und ich rate Dir jedenfalls auch, dies zu tun. Bergmann ist ein wohlbe­kannter Historiograph und hat im In- und Ausland einen Namen. Seine Liebe zur Heimat, insbesondere zum Bregen­zerwald, kennt jeder, der seine Schriften liest, und noch mehr, der ihn sonst näher kennt. Er wird Dein Werk sicher öffentlich besprechen und es ist kein Zweifel, daß Dir auch aus Öster­reich Anerkennungen und Aufmunterungen zufließen werden. - Was Deine programmäßige Sammlung betrifft, so glaube ich, tust Du gut, wenn Du selbe ebenfalls an Bergmann ein­sendest, nur stelle ihm gleich im Zusendeschreiben die Be­dingung, daß er dort, wo er von Deiner Arbeit Gebrauch macht, die Bezugsquelle nenne und zugleich anführe, daß Du Dich mit einer eigenen bezüglichen Arbeit zu befassen gedenkest etc. Bergmann wird nicht abstehen, jede Deiner Bedingungen in einer Weise zu erfüllen, daß Dir der Lohn Deiner Mühe gewiß nicht ausbleibt. Denn niemand unter­stützt mehr und lieber junge vaterländische Kräfte als Berg­mann, dabei ist er nichts weniger als eigennützig oder ehr­geizig, sieht vielmehr echt vaterländisch von seinem Ruhm möglichst viel auf seine Landsleute zu übertragen. - Zudem handelt es sich hier um ein vaterländisches Unternehmen, und es ist ein Verdienst für Dich, wenn Du Deinen Teil dazu hochherzig beiträgst. Die Erhöhung der Ehre unseres Vater­landes ist eine Erhöhung Deiner Ehre. - Eine ähnliche Auf­forderung, wie sie Dir durch Willam zukam, ist vor einigen Wochen in der Feldkircher Zeitung an alle Vorarlberger er­schienen, und zwar von Bergmann selbst. ­Mit meiner Montafonerin geht es ganz gemütlich aufwärts. Ich werde sie übern Sonntag besuchen und sie wird nicht ermangeln, mir freudestrahlend zu zeigen, wie weit ihre Vor­bereitungen zur Hochzeit schon gediehen sind. Sie entwickelt hierin einen merkwürdigen Eifer, obwohl ich wahrscheinlich erst im Monat Oktober wieder nach Schruns zurückkomme, wonach dann die Verehelichung erfolgen wird. Ich habe im Sinn, vorher noch auf einen Sprung Euch zu besuchen. Be­sonders gerne ginge ich noch auf Krumbach. Wenn ich komme, werdet Ihr mich schon sehen. - Vor einigen Wochen habe ich einen sehr schön geschriebenen Brief von Deinem Weibl in Dalaas gelesen und gestaunt, daß das Weib so sehr am Mann sich entwickelt. Dein Freund

K. Moosbrugger

Keine