KASPAR MOOSBRUGGER AN FRANZ MICHAEL FELDER

lfndenr: 
121
20. Juni 1864

Lieber Schwager!                                                          

Ich bin nun ein Dornbirner geworden, wie Du wohl wissen wirst. Ich wohne im 2. Haus ober dem Mohren. Mein nun bald geboren werden sollender Bub wird also zum 2. Mal wieder ziemlich an der Stelle auf die Welt kommen, wo er es nach Deinem Dafürhalten das erstemal tat. Mein Weibl ist übrigens noch ganz rührig und die Übersiedlung hat ihr eher wohl als übel getan. Ich meinerseits freue mich der Orts­änderung und bin auch bezüglich meiner Amtsstellung mit der Wandelung ganz zufrieden. Ich bin in meinem frühern Rang und Gehalt, hier aber definitiv. Ich habe eine hübsche Woh­nung mit drei Zimmern und einem Kämmerlein für die Magd. Wenn Du also nach Dornbirn kommst, wirst Du bei mir ordentlich Quartier finden. - Hier besteht ein wohlbestelltes Lesekasino, woran ich mich selbstverständlich beteilige. Ich las daselbst in dem Wochenblatt der Wiener Zeitung in einem Artikel aus Tirol mit dem Zeichen Z. (wahrscheinlich Zingerle) eine Meinung über Dein Werkl, und zwar eine Dir sehr gün­stige. Einsender bespricht die literarischen Erscheinungen in Tirol, in neuer Zeit nämlich, und er erweist nun Dir die Ehre, Dich gleich hinter Professor Pichler zu besprechen, und aus der Zusammenstellung ergibt sich, daß er Dich demselben für ebenbürtig hält. - Dies will nun bei dem Namen, den Pichler in der literarischen Welt hat, nicht wenig sagen. Beide, Zingerle und Pichler, waren meine Professoren. Über meine Einsendung an Stettner schrieb mir dieser, er habe bisher der­artige Produkte mit politischer Färbung nicht verlegt und habe sie einem geeigneteren Verleger zugeschickt. Über das Wei­tere wolle er mich benachrichtigen. Nun weiß ich nicht, was geschehen ist oder geschieht. Es ist mir ziemlich gleichgültig. - Hier ist in zwei Alpen eben die Klauenseuche ausgebrochen und wird nun dies den Wäldern wieder eine sehr unange­nehme Neuigkeit sein. Das neue Gemeindegesetz wirst Du nun kennen; und ich frage Dich daher: Haben Haghansomatis als Realitätenbesitzer im Gemeindebezirk Schoppernau (Hopf­reben) bei den dortigen Wahlen eine Stimme oder würde diesfalls anderes Recht sein, wenn sie ihren Teil abgesondert besäßen, nämlich vom übrigen Vorsäß? ­Grüße mir Alles aufs Freundlichste und schreibe bald Deinem Freund

K. Moosbrugger