KASPAR MOOSBRUGGER AN FRANZ MICHAEL FELDER

lfndenr: 
572
6. August 1868

Lieber Freund!

Sei freundlichst auf vaterländischem Boden und in der lieben Heimat wieder gegrüßt. Wenn ich mir aus meinen Sturm­und Drangperioden nach den Kreuz- und Querzügen in der großen weiten Welt das Daheim wieder vorstelle, komme ich zu der Annahme, daß Du jetzt in behaglichster Stimmung mit erhöhter Lebens- und Strebenslust in Deinem Schop­pernau der Süßigkeiten des Daseins Dich erfreust. Glück auf. -

Ich konnte vom Amt nicht los werden, um Dir entgegenzu­kommen, ich mußte daher in der Alltäglichkeit fortwaten und den Hundstagen meinen Schwitztribut als ein Gefesselter dar­bringen. - Ich muß Dir anzeigen, daß ich beim Auspacken meiner Reisetasche bei der Rückkehr von Euch das Manuskript des Arbeiters in Friedrichshafen nicht mehr hatte. Wenn es nicht auf Krumbach oder Warth liegen geblieben ist, muß ich es für verloren ansehen. Ich überließ die Packsachen dem Weib, und sie weiß gar nichts von diesem Manuskript, das ich in Hopfreben doch in die Reisetasche getan habe. Sollte nun dasselbe nicht mehr zum Vorschein kommen, so werde und muß ich es dem Eigentümer bezahlen. Frage daher bei den Unsrigen an, und wenn sie nichts wissen, so sei so gut, dem guten Proletarier zu schreiben, er soll sich wegen Entschädigung an mich wenden, zu der ich erbötig bin. ­Wir haben jetzt auch im Amt die liebe Not wegen der das Land durchbrausenden Agitationen und können noch lange nichts Besseres erwarten. Die Festgäste von Wien kehren wieder zurück, und ich lache sie aus, daß sie sich so aufgeführt haben, daß man sie im großen Vaterlande nirgends mehr einlasse. Ich nehme nämlich an, daß die großen Städte ebenso vernünftig sein werden wie Leipzig. Mayer wird heuer nicht heim kommen. Hier kandidiert der Staatsanwalt für den Landtagssitz, wird aber wohl gegenüber dem Thurnher nicht durchdringen. Er suchte auch mich auf und ließ sich in eine interessante Diskussion ein. Ich erklärte mich für diesen Fall neutral. - Nun erzähle mir etwas von Deutschland und der wiedergefundenen Heimat. Mit Gruß und Handschlag Dein Freund

K. Moosbrugger.

Ende dieser Woche will Isabell Euch und die Ihrigen be­suchen. Sie sei bestens empfohlen. -

Keine