KASPAR MOOSBRUGGER AN FRANZ MICHAEL FELDER

lfndenr: 
573
11. August 1868

Lieber Freund!

Eben erfahre ich telegrafisch, daß ich als Adjunkt mit bes­serer Zahlung hier bleibe. Bitte, dies den Meinigen und wer es wissen will, mitzuteilen. Die Wahlschlacht ist ge­schlagen und Thurnher ist mit 30 Stimmen von 46 gewählt. Der Staatsanwalt erhielt trotz eifriger Agitation und trotz seiner glänzenden Kandidatenrede nur 10 Stimmen. Die Ultramontanen hielten stramme Disziplin. Diese Wahl wird im Lande viel Redens geben. - Daß Fetz gegen Berchtold unterlegen ist, wußten wir gestern schon. Fetz ist mir von den Studienjahren her bekannt. Er besitzt ein sehr umfangreiches Wissen. Seine Kandidatur war mir schon lange bekannt, und es wundert mich, daß uns Feurstein nicht schon in Bezau davon gesagt hat, was er doch hätte tun können. ­Thurnher ist zum Konzipisten bei der Statthalterei in Inns­bruck ernannt mit 800 Fl. Gehalt. Ich werde 900 Fl. haben. Du siehst, man behandelt uns nicht wegwerfend. Ich erhalte nun lebendigere Fühlung mit den Vorgängen im Landtag und in den Regierungskreisen.

Das Nenzinger Kasinofest vom nächsten Sonntag wird zwei­felsohne bedeutend Aufsehen erregen. Die Gegensätze sind hier sehr schroff und werden immer schroffer. Wir neutrales Publikum im Städtle reden davon, eine Vereinigung ohne politische Färbung zur gegenseitigen Bildung und Unterhal­tung zu gründen.

Zu Deinen Erfolgen in Deutschland gratuliere ich und freue mich derselben mit Dir. Baldiges Schreiben erwartend, mit Gruß und Handschlag Dein Freund

K. Moosbrugger. Freundlichen Gruß an Isabella!

 

Keine