KASPAR MOOSBRUGGER AN FRANZ MICHAEL FELDER

lfndenr: 
251
18. November 1866

Lieber Freund!

Also, der Wurf ist gemacht. Nach den ersten Zeichen der Wirkung ist er gelungen. In Feldkirch hat die Broschüre einen starken Eindruck gemacht. Die liberale Partei sucht bereits unsere Allianz. Ach, wärst Du hier und sähest Du, wie die Doktoren, Professoren und die Gscheiten alle um mich herum schwänzeln. Sie haben mich im Verdacht, aber nix G'wisses wissen sie nicht. Freund, jetzt geht der Ernst für uns an. Wir müssen uns fest zusammen nehmen. Bisher haben wir die Augen unserer Mitbürger nicht auf uns gelenkt und unser Tun und Lassen war daher frei und ging niemanden was an. Aber fortan erwartet man von uns etwas und wir sind nicht mehr ungeschoren. Die Feldkircher Zeitung hat uns schon gestem­pelt, und ihre Partei setzt von uns verdammt viel voraus. Kerl, wir haben A gesagt, wir müssen auch B sagen. Wir müssen fest nach den Ideen der Broschüre fortwirken und sie muß unser Leitstern sein. In Sachen unserer Partei müssen wir daher streng einheitlich vorgehen, und wenn wir weitere Manifestationen, Erklärungen, Allianzen etc. vornehmen wol­len, darf kein Einzelner ohne vorherige Beratung und Gut­heißung vorgehen. Weder Du, noch Feurstein, sollen ohne mich, noch ich ohne Euch für die Partei auftreten. Die Bro­schüre sagt, wie das Partei-Leben beschaffen sein müsse. Du kannst überhaupt aus der Broschüre sicher noch viel lernen. Wir müssen jetzt den politischen Kurs durchmachen, und das ist der schwerste. -

Vorstehendes glaube ich Dir sagen zu müssen, damit Ihr Euch von den vielen Kritiken und den Dingen, die da kommen werden, nicht hinreißen lasset, gegen die Partei-Disziplin zu handeln. Der Feurstein wird jetzt lieber herwärts schauen, weil selbst Karl Ganahl herwärts schaut! Es kommen Ver­suchungen, wir werden stark sein müssen, wenn wir unsere Fahne rein bewahren wollen. Heute haben mich unsere Mil­lionäre mit Gewalt zu einer Spazierfahrt mit ihnen bringen wollen, was sonst nie geschah (wahrscheinlich wollten sie mir das Geheimnis der Schrift entlocken), aber ich schützte Arbeit vor und schreibe nun diesen Brief. Es ist möglich, daß ich nach Feldkirch und Bregenz komme, um mit der liberalen Partei (d. h. der Partei des wahren Fortschritts Nr. 2) mich zu besprechen. Es wäre für uns gut, wenn wir Herrn der Feldkircher Zeitung würden. Jedenfalls muß die Redaktion in unsere Hände kommen, bis Kunz gehörig eingeschult ist, sonst müssen wir ein eigenes, anderes Organ schaffen. Wenn sich die Sache etwas abgeklärt hat, wird sich das Weitere geben, und bevor ich für die Partei Erklärungen abgebe, komme ich nach Bezau, wo wir beraten und uns besprechen werden. Schreibe bald von der Reise nach Lindau etc. Diesen Brief schicke auch an Feurstein. Unsere Sache kommt im Landtag zur Sprache. Dr. Bickel ist für uns.

K. Moosbrugger

Keine