VON RUDOLF HILDEBRAND

lfndenr: 
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22. November 1866

Mein lieber tapferer Freund Bäuerlein,

Eh ich an die Arbeit gehe, rasch ein Wörtchen an Sie, ein wichtiges – Sieg! Hirzel druckt Ihre Sonderlinge! Ich darf nicht zögern es Ihnen gleich zu melden daß Sie der quälen­den Unsicherheit entrissen werden. Mir selbst ist, seit ichs weiß, wie Feiertag zu Mute, ich habe keine Lust zum Arbei­ten, mir ist wie vor zwanzig Jahren einmal da ich als Student erfuhr daß ich bei einer philosophischen Preisarbeit den Preis gewonnen hatte (ich. wollte ursprünglich Philosoph werden, und womöglich Dichter daneben).

Hören Sie Genaueres. Schon vor acht Tagen sagte mir ein Bekannter, Professor Krehl: nun die Sonderlinge werden ja

gedruckt? Woher weißt Du denn das? fragte ich. „Hirzel hat mirs gesagt." Fragen wollte ich ihn trotzdem nicht, bis er mirs freiwillig sagte, aber ich hätte beinah gleich, geschrieben an Sie. Heute Mittag aber hat mirs Hr. Hirzel junior gesagt (der Vater ist wieder verreist), und zwar freiwillig bei einer Wen­dung des Gesprächs die ihn drauf brachte. Da ich genauer fragte, sagte er mir, der Vater hätte kürzlich zu ihm geäußert: zum Neujahr wollen wir doch nun auch Felders Roman vor­nehmen. Zugleich hörte ich da, daß Hirzels Frau und Tochter Ihr Buch in der Handschrift gelesen haben und davon sehr befriedigt sind. Ich freue mich darauf sie selbst einmal darum befragen zu können.

Dieser Berg wäre also überstanden - ich athme nicht weniger auf als Sie, mir wars manchmal als stiege ich athemlos einen Berg hinauf der nicht enden wollte - nun haben wir eine weite schöne Aue vor uns mit lustiger Wanderung nach einem schönen, vielleicht stolzen Ziele. Gott gebe Ihnen Kraft und Gesundheit, daß sich die ganze Spannkraft Ihrer Seele frei entfalten könne, Sie werden mich nun nicht mehr groß brauchen. Durch Hirzels Verlag werden Sie nun in einen Kreis eingeführt, der durch sein bloßes Dasein besser für Sie sorgen wird als ichs mit meinen Mühen und Sorgen habe thun können.

Doch nicht zu vergessen, liebster Freund, daß das nur eine vorläufige vertrauliche Mittheilung ist, die amtliche so zu sagen kann nur von Hirzeln selbst ausgehn, aber es litt mich nicht Sie länger ohne Noth in dem Hangen und Bangen zu wissen. -

Schönen Dank für die Sendung. Die Artikel Dr. Landgrafs in der Nordd. Zeitg waren mir sehr interessant, es stammt alles nur aus meinen Mittheilungen, die ich Mayers an einem Abend machte und aus der Lectüre von Nümmamüllers; Sie hätten sich eigentlich bei ihm bedanken sollen.

Die polit. Broschüre macht mich etwas verdutzt. Ist denn das Ihr Stil? Der gelehrte Anstrich, die wuchernden Fremdwörter, das zuweilen Orakelhafte des Stils, das Sprunghafte in Ge­danken - ist das Ihr Stil? und doch erkenn ich oft Ihre Art zu denken und zu reden wieder. Die Sache freilich will mir nicht ganz munden, ich bin überhaupt Lassalles ganz demo­kratisch-socialistischen Revolutionsbestrebungen abgeneigt, und Ihr Österreich, sobald man nicht bloß an einzelne deutsche Theile denkt, ist dieser völligen Entfesselung der allgemeinsten Volkskraft sicher um Jahrhunderte lang noch nicht gewachsen und reif; auch ist mir zuviel Haß gegen die Reichen und Traum an gleiche Vermögensvertheilung in den Gedanken als Hintergrund versteckt - das Unsinnigste was es geben kann (NB. ich gehöre auch zu den Armen, die aus der Hand in den Mund leben), die Reichen sind die Knoten­punkte des Netzes, in dem Arbeit, Verdienst, der Umlauf des Geldwerthes, Streben nach vorwärts, großer Unternehmungs­geist, Credit usw. sich verflechten zu dem Ganzen unsres volkswirtschaftlichen Daseins, und es ist kleine Selbstsucht sie deßhalb weil sie andre Genüsse haben als wir (bessere und eigentlich mehr wahrlich nicht) zu beneiden. Bildung, Vertiefung unseres Geistes- und Gemütslebens, herzhafte und tiefgegriffene Lösung der großen religiösen Frage, das ists was mir die Bedürfnisse der Zeit scheinen, nachdem für uns Deutsche die große politische Frage im Ganzen entschie­den ist.

Aber ich muß an die Arbeit. Nur noch eins. Quellmalz war der Meinung, Sie wollten die bestellten Journale behalten, aber das andere ist ihm auch recht, und er berechnete die Kosten der von Ihnen angestrichenen Blätter auf vierteljähr­lich 20 Ngr. (2/3 Thaler). Geld schicken Sie nur vor der Hand nicht, es verlohnt sich ja nicht der Mühe, auch läßt er die auswärtigen Kunden nur postnumerando zahlen; ich kanns ja auslegen, bis etwas zusammen ist, oder lassen Sies Hrn. Stettner abmachen, durch Anweisung auf seinen Commis­sionär hier. Die erste Sendung wird wol schon an Sie abgegangen sein; mit der Zurücksendung wird sichs schon ein­richten, wir müssen erst Versuche machen bis sich das Beste und Bequemste findet.

Grüßen Sie mir Ihr liebes wtbele, sie wird ja an Ihrem Glücke vollgemessenen Theil nehmen, ich wollte ich könnte unge­sehen dabei sein wenn Sie den Brief öffnen - Glück auf!

Ihr treuer Rud. Hildebrand.

Die Correcturbogen konnten Sie behalten, sie sind mir ja reine Maculatur. Bitte packen Sie nicht wieder so viel Papier in einen Brief, ich habe stark nachzahlen müssen.

Keine