KASPAR MOOSBRUGGER AN FRANZ MICHAEL FELDER

lfndenr: 
266
11. Dezember 1866

Lieber Freund!

Dein mit Erfreulichem vom 6. d. Ms. übersendetes Manu­skript habe ich begierig gelesen und geprüft. Ich halte es für eine recht gelungene Parteischrift und bin mit Freuden einver­standen, daß es als unsere nächste Manifestation vom Stapel gelassen werde. Die Form ist gut gewählt und geeignet, der Sache Vorschub zu leisten. Die Einleitung ist trefflich. Im ersten Gespräch hat mich die Art, wie Du das Weib in die gesellschaftliche Stellung eingeführt hast, bedenklich gemacht. Abgesehen davon, daß es unästhetisch ist, das Weib als Fuhr­mann zu sehen, wäre ich nicht einverstanden, das Weib als Arbeiterin neben den Mann zu stellen. Soweit soll die Gleich­heit nicht getrieben werden. In dem Ausdruck „gereifte männliche Vernunft", den auch Du mit Recht gebraucht hast, dachte ich auch an die weibliche Stellung in der Gesellschaft und wollte diese zu Gunsten der Familie in ihrer Reinheit bewahrt wissen. Konsequenter Weise müßtest Du auch dem Weib das Stimmrecht zuerkennen. Mit dem würden wir aber gerechtes Fiasko machen. Ich beantrage daher die betreffende Stelle S. 4 etwas zu ändern. -

Ein zweiter Punkt in diesem Gespräch, der sich aber durch die ganze Schrift hindurchzieht und mich auch bedenklich machte, ist die Gegenüberstellung der Begriffe von Handel und Verkehr als etwas Ungleiches dem Wesen nach. Ich glaube, das ist nicht richtig. Handel ist, auch nach Deinen Definitionen beider Begriffe, nur eine Spezies des Verkehrs. Das Wesen beider ist „Tausch". Es ist recht, daß der Tausch für andere zum Tausch für sich werde, daß also statt Handel Verkehr sei, ganz so, wie wir wollen, daß neben den jetzigen Unternehmern, die es nur sind durch den Schweiß anderer oder statt der­selben, diese anderen Unternehmer werden. Dem Carey schwebte die Lassallesche Idee vor und er verbreitete sie in seiner Art. Ich bin daher mit der Unterscheidung von Handel und Verkehr allerdings einverstanden, aber damit nicht, daß man sie als wesentlich ungleich einander gegenüberstelle. Handel ist gut und notwendig, er geht kulturhistorisch voran, besser aber ist seine Erweiterung (sein Kind, das von ihm Hervorgerufene) der Verkehr. Also auch in diesem Punkt würde ich eine bezügliche kleine Änderung beantragen. Ich würde es sogar für zweckmäßig erachten, daß Du andeutest, die Erweiterung des Handels zum Verkehr beruhe auf dem­selben wirtschaftlichen Prozeß, auf dem die Vermehrung der Unternehmer beruht, d. h. er sei derselbe. Hiedurch würde mehr Harmonie zwischen diesem und unserem ersten Mani­fest erzielt und damit mehr Klarheit und Einfachheit, Eigen­schaften, auf die wir in unserer Sache natürlich sehr sehen müssen. Die Köpfe unserer Leser werden sonst leicht kon­fus.-

Den Ausdruck „Dienste" in Deiner Definition wünsche ich durch einen ändern ersetzt, da er nach Lassalles richtiger Ausführung im Schulze-Bastiat (bei „Arbeit") keine ökonomi­sche Kategorie ist. Im 2. Gespräch wußte ich mit den von mir eingeklammerten Sätzen auf S. 6 nichts anzufangen. Sie pas­sen nicht auf das Vorgehende. Wenn im Entgegenhalt zu demselben gesagt werden soll, daß wir nicht wollen können, daß mit den Massen und uns weiter geschehe, was jetzt geschieht, so soll dieser Gegenhalt hervorgehoben werden. Beiläufig bemerke ich, daß Du etwas animiert gegen die Pri­vilegierten, d. h. gegen das Privilegium zu sein scheinst, und daß Hildebrand, wenn er dem Lassalle Haß gegen jene vor­wirft, auch mit Dir nicht zufrieden sein wird. Ich will aber hiemit keinen Tadel aussprechen, das Böse darf man hassen und soll es in Andacht. -

Ändern geringeren Bedenken habe ich durch Randbemer­kungen Ausdruck gegeben. Mit Deiner Ansicht über das Ver­mögen der Wälder bin ich einverstanden, wenn Du mein „vielleicht" gelten läßt. Auf S. 10 wäre das „jetzt" auf dem Rand zu streichen, da noch viel ärmern Leuten als den Wälder Bauern geholfen werden wird. In meiner nächsten Schrift werde ich einen bezüglichen Vorschlag bringen. ­Ich hoffe, daß Du nach den vorgebrachten Andeutungen einige Verbesserungen anbringst und daß die Schrift dann je eher unter das Volk komme. - Der Feurstein soll sich die Druckerei baldigst errichten und bei der Behörde erwirken. Wir bringen unsere Erzeugnisse dann viel besser unter das Volk. Man hat sich bei mir schon beklagt, daß man nicht wisse, woher man unsern Ruf beziehen könne. Der Stettner hat keine Ankündigung und nichts gemacht. Mit dem Kunz ist es nichts, er war letzten Sonntag hier und ließ sich mit mir in ein Gespräch über unsere Sache ein. Er erwartet vom Volk gar nichts und ist reiner Pessimist. Es ist besser, wir machen auf Unserm vorwärts und gründen eine eigene Zeitung. Die Feldkircherin machte nur einen Coup aus Gewissensdruck und Angst. Nun, wir könen und wollen ihr nicht helfen. ­Daß ich den Demokrat bestelle, habe ich glaublich Dir ge­sagt. Was ich schrieb, kannst Du aus beiliegendem Schreiben ersehen. Die bisherigen Nummern des Pester Lloyd schicke ich auch; ich finde darin keine Erwähnung unserer Broschüre, was ich begreife und auch Du begreifen wirst, wenn Du die Zeitung liest. Ich empfehle Dir ihre Lektüre, die Dich über vieles belehren und mit großem Respekt vor Dir noch unbe­kannten Leuten, die uns eifrig in die Hände arbeiten, erfüllen wird. Zum Verständnis und besserer Würdigung meiner nächsten Schrift wird diese Lektüre auch beitragen. - Vielleicht bis Neujahr oder im Jänner kann ich sie übersenden. Bis dahin soll die Deinige ausgegeben sein und soll dann unsere Zeitung erscheinen können. Was sagt Ihr zu dem? Ist Pius noch auf Krumbach und wann kommt er heraus? Sag dem Bot, er soll bei derartigen weitern Sendungen nicht mehr Schriften deklarieren, sonst kostet es zu viel, z. B. die letzte 40 Kr.ö.W.

Ich mache besonders auf die Reden im Lloyd aufmerksam! ­Mit tausend freundlichen Grüßen Dein Freund

K. Moosbrugger

 

12.12.

Eben komme ich von der Post und las die Seyffertitzischen Anträge über Abänderungen der Wahlordnungen des Land­tags und in der Gemeinde zur Einführung der geheimen Ab­stimmung. Interessant ist die Äußerung des Dr. Bickel hiebei: „Sehen Sie, Herr Adjunkt, was das macht, es brauchte nur einen Anstoß, daß man sah, daß man herausrücken könne und die Sache im Volk Anklang finde." - Er gestand dann offen, daß dies eine Wirkung der Broschüre sei! Die Herrn fangen an, an die Zukunft zu denken. Der Postmeister (unser Angehöriger) meinte, dieser Schritt werde viel Kampf ge­kostet haben. Bickel ist da und geht wieder, er ist im Innern für uns, durch seine Antecedentien aber auf der anderen Seite zu stark engagiert. Hieraus erklärt sich seine Haltung. ­Du wirst dem Feurstein Deine Arbeit, wie sie ist, mit meinen Bemerkungen zusenden und er kann und wird auch noch Bemerkungen machen, die gut sein können. Die fertige Arbeit brauchst Du mir nicht mehr zu schicken, ich stimme im vor­hinein für dieselbe, wenn Du nicht noch schärfer wirst. ­Die Nummern des Demokrat, die Dir sind, schicke ich auch und das Tannberger Manuskript. Sag den Unsrigen, bis ca. Neujahr werde ich etwas Geld schicken und schreiben. -

Keine