KASPAR MOOSBRUGGER AN FRANZ MICHAEL FELDER

lfndenr: 
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21. März 1867

Lieber Freund!

Dein Wertes vom 28. v. Ms. habe ich mit Freuden, mitunter mit Lachen gelesen. Lachen war auch mein Teil, als die Landeszeitung zum zweiten Mal über die Klarstellung herfiel. Die Art, wie dies geschah, ist wirklich komisch. Etwas auf­fällig war mir, daß sie eine ihrer Ansicht entgegenstehende Auffassung erwähnt und ohne sie bekanntzugeben gegen sie und die Klarstellung polemisiert. Mir ist der Gedanke ge­kommen, die Frau Stöckl in Bregenz könnte dahinterstecken und ihrem Schwiegersohn ein Mahl bereiten wollen. Dieses Kapuzinervolk läßt so was erwarten. -

Du bist daran, die demoralisierenden Wirkungen des heu­tigen Besitzes bloßzulegen, Du wirst nicht umhin können, hiebei auch bloßzulegen, was von dieser Demoralisierung den Römlingen zufällt. Ein Beispiel in dieser Richtung bietet die Frau Sepp, Schwester des Altvorstehers Feurstein in Bezau, die jetzt wegen Betruges zu mehrjähriger Kerkerstrafe ver­urteilt ist. Die Frommen in Innsbruck büßen bei ihrem schmählichen Konkurs große Summen ein. Der Elmenreich wüßte die beste Auskunft von ihr. Daß Altvorsteher Feurstein mit dem Pfarrer Blaser sehr intim war, hat sich bei seiner Untersuchung auch herausgestellt. Mathis erzählt auch von großem Schwindel, den diese Feurstein bei der Beerbung ihres in Bregenz verstorbenen Bruders getrieben haben. Doch genug hievon, und ich wünsche nur, daß Dein Freund in Bezau von dem bösen Samen der Römlinge nicht leide und von den Früchten desselben Erkenntnis hole. Daß Du diese Früchte kennst und gehörig schildern wirst, daran zweifle ich nicht. -

Mit Kunz und Ganahl habe ich nicht geredet und mich über­haupt seit Deiner Abreise ganz passiv verhalten. Diese Hal­tung sagt mir jetzt am besten zu und ich halte sie, vielleicht aus diesem Grund, für die zweckmäßigste. Ein Zufall brachte mir die von Auerbach übersetzten Spinozischen Werke in die Hände, die herrlich zu meiner jetzigen Stimmung passen. Ein stilles, ruhiges Denkerleben wird immer mehr mein Wunsch und Sehnen. Ich höre es deshalb ungern, daß die Organisierung wieder sistiert ist. - Die Belehrung für Könige und den Schluß über Passavant wirst Du gelesen haben. In den letzten drei Nummern sitzt die Allgemeine Norddeutsche über Ketteier zu Gericht und liest ihm gehörig die Leviten. Ich imputierte ihm nur Unverständnis der sozialen Frage, Bismarck auch mit Recht Unverständnis der deutschen Frage. - Die Allgemeine von gestern konstatiert, daß Preußen jetzt bis an den Bodensee grenzt, und es ist daher das Gerücht glaubwürdig, daß bald mehr Militär nach Vorarlberg kommt. Gestern   mußte  hier die  Losung verschoben  werden   und konnte erst heute ruhig vor sich gehen. Eine unzweckmäßige Regierungsorder war schuld. Dein Freund

K. Moosbrugger

Keine