AN RUDOLF HILDEBRAND

lfndenr: 
487
19. Februar 1868

Lieber Freund!

Nun endlich kannst Du mir denn und nicht nur als Ausschuß, sondern auch als neugewählter Gemeinderath gratulieren. Die Wahlen sind zu Ende, vor dem Hause des Vorstehers steht wieder die stolze Tanne mit der von mir verfaßten, bekränzten Inschrift:

Dieser Baum sei dir zum Bilde Starker Mann bei

Sturm und Wind Sieh er grünt wenn im Gefilde

Ros' und Dorn vergangen sind

Noch dauern die Reibereien mit unserm Bezirksamt, welches den Pfarrer u die Seinen trotz der neuen Grundgesetze nach Kräften schützt. Die Sache macht hier großes Aufsehen und viele haben ihre Freude an meinem entschiedenen Vorgehen. Ich habe den in der n fr Presse erzählten Vorfall nicht erst in Bezau, sondern gleich bei der kk Staatsanwaltschaft in Feldkirch zur Anzeige gebracht. Ich könnte Dir lang erzählen warum ich das that. Für heut sei Dir genug, daß Seiffertitz mich darum lobte.

Ich schicke Dir hier einen seiner Briefe, muß aber gleichzeitig beifügen, daß ich von seinem Umgang ein viel lieberes Bild gewann. Für die öster Gartenlaube hab ich einen geharnisch­ten Artikel ausgearbeitet und warte mit Ungedult auf sein Erscheinen. Ich wollte, daß ich ihn nach Leipzig, etwa an die Grenzbothen gegeben hätte. Überhaupt bin ich mit der öster Gartenlaube nicht zufrieden und möchte bald eine Verbin­dung mit einem ändern Blatte wünschen. Jetzt freilich hab ich noch mit meinem Roman zu thun. Ich fühle die rechte Stimmung so allmählig wieder kommen. Eine zweite Auf­lage der Sonderlinge möchte ich wol gern erleben. Früher einmal hab ichs auch erwartet, jetzt aber wollt ich beinahe, daß Du nichts mehr davon gesagt hättest. Nach Leipzig möchte ich wol wieder, um dort mich einige Wochen zu erholen und zu kräftigen. Leider aber weis ich noch nicht, ob meine Verhältnisse das gestatten werden. Dießmal wäre auf Keil allem Anschein nach nicht mehr zu rechnen. Hübsch wärs freilich, wenn ich die Correctur meines neuen Romans dort selbst lesen könnte, aber noch weiß ich nicht einmal ob Hirzel ihn wieder nehmen wird. Nun wir werden sehen! Auskommen heißt überhaupt, von dem kommen, von dem eben die Rede ist. So kommt man auch in einer Vertheidigungsrede aus, wenn man nichts mehr zu sagen keine Gründe mehr vorzubringen weiß. Das gewünschte Tractätlein kann ich dir schon schicken. Mir ists schon länger als Merk­würdigkeit bekannt. Ich glaubte auch eins in meiner Samm­lung zu haben, nur konnte ichs bisher noch nicht finden. Meine Liebeszeichen werde ich nächstens zu vertheidigen suchen. Sage dem Klub meinen herzlichen Gruß u daß ich jeden Mitwoch an ihn denke. Deine hiesigen Bekannten fra­gen Dir fleißig nach und wünschten Dich bald wieder in unserer Mitte zu haben. O auch ich wünschte das. Was machen Deine Kinder, die meinen sind gesund und singen Kinderreime während es draußen stürmt u schneit. Der Uhrenmacher hat mich gestern zum erstenmal u zwar noch mit verbundenem Kopfe besucht. Er ist ruhiger, heiterer als sonst. Unsere Partei thut sich immer besser zusammen. Am letzten Samstag nach der Vorsteher- u Gemeinderaths­wahl haben wir ein schönes Siegesfest gefeiert und Reden gehalten. Ich u die beiden Vorsteher wünschten Dich gegen­wärtig, doch waren wir eins, daß wir noch lieber bei euch da draußen sein möchten.

Unserer schönen Wanderung durchs Ländchen hab ich oft gedacht. Es war recht gemüthlich. Dießmal hab ich mehr und Ernsteres gesehen und erlebt. Man sollte eigentlich eine Schilderung davon machen, wenn ich nur Zeit hätte u sie anständig in die Öffentlichkeit bringen könnte. An Stoff würde es mir nicht fehlen.

Doch ich muß schließen. Lebe wol lieber treuer Freund u vergiß nicht

Deinen Franzmichel Felder

Keine