VON FRANZ XAVER JOCHUM AUS FELDKIRCH

lfndenr: 
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1. Januar 1858

Werther Freund!

Ich habe schon lange im Sinne gehabt, dir einmal zu schrei­ben, aber ich bin nie dazu gekommen, weil ich zu viele Arbeit habe.

Vor allem wünsche ich Dir ein recht gutes neues Jahr, und Glück und Segen. Mir geht es gut, nur zu viel Arbeit; denn ich muß mich auf die Maturitätsprüffung vorbereiten, und täglich zwei Lektionen geben, dann muß ich für die Schule studieren und zwei Studentchen, die bei mir sind (d. h. in meinem Quatier), curancieren. Du wirst schon merken, daß dieses Arbeit gibt. Für die zwei Lectionen bekomme ich allerdings monatlich 7 fl CM, aber das Ding gibt halt Arbeit, und am Ende habe ich doch kein Geld. Ich habe nämlich Kleider von Nöthen, wenn ich nicht auftretten will, wie ein schmutziger Bettler, und dieses darf man nicht in vornehmern Häusern, wie diese sind, wo ich Lektionen gib. So habe ich nur für Rock u. Hosen 32 fl u. etliche X und für Fußbedekung 6 fl 36 X aus­gelegt, und dieses hat mich gewaltig ausgebeutelt. Dann kömmt mich das Quatier in die 30 fl, der Kaffee auf etwa 15 fl und so weiter; dieses muß Alles noch bezahlt werden, und das reißt in's Geblüt. Das wird nach und nach schon bestrit­ten werden, wenn es nur auf Prüfung gut geht. Der Hagspiel ist auf seiner Durchreise auch hier gewesen, und mit ihm kam der Loderer, Pfarrer v. Hirscheck. Wir haben uns einen Abend recht gut unterhalten. Dabei habe ich Dich auch nicht vergessen. Ich redete mehreres mit Loderer von Dir, und er hat gesagt, wenn Du Bücher oder etwas solches von ihm wollest, sollest Du nur schreiben, er wolle Dir geben oder schicken was er habe. Er hat auch passend für Dich gefunden „Philosophische Unterweisungen über das Christenthum", von denen ich mit Dir sprach. Schreibe ihm nur, es wird ihn gewiß freuen, und wenn Du etwas nicht recht verstehst oder Schwierigkeiten findest, so schreibe es ihm nur; er wird es Dir schon erklären, denn er ist in Manchem tüchtig.

Also schreibe nur, was für Bücher Du wünschest, wenn Du es nicht thätest, würde er es nicht gern haben; er ist Dir sehr gewogen.

Sonstige Neuigkeiten weiß ich nicht viel; diese will ich Dir, wenn ich solche weiß, mündlich sagen, wenn wir zusammen kommen.

Lebe also wohl, und schreibe mir auch gelegentlich einmal, damit ich weiß wie es Dir und den Bekannten geht.

Die Töchtern von Bräuer habe ich auch einmal hier gesehen, aber nicht viel gesprochen, weil ich gerade nicht Zeit hatte. Später habe ich sie aufsuchen wollen, um ihnen mein Quatier zu zeigen, und etwas von Schoppernau zu plaudern, aber ich habe sie nicht mehr gefunden. Grüße sie mir und andere Bekannte, Oberhauser und der gleichen.

Lebe wohl

Mit herzlichstem Gruße

Dein Freund Jochum