VON JOHANN JOSEF FELDER AUS BADEN/SCHWEIZ

lfndenr: 
367
26. Juni 1867

Werther Herr Michel!

Endlich habe ich Zeit, Dier zu sagen, daß ich noch lebe, u. auch meine pfeife rauche. Gerne währe ich diesen abend aus­gegangen, um einen Jass zu machen aber ich erinnerte mich an mein Versprechen, u. so sitz ich nun bei meinem Licht, um mit Dier ein papirenes Geschwätz anzufangen. Es ist wahrhaft dumm reich gebohren zu sein, u. nicht zu wissen wie viel der Gulden Kreutzer hat. Diese behauptung habe ich hier so rich­tig gefunden, daß ich mit meinem Kopfe dafür bürgte. Wo ich da hinaus wiell wierst Du gleich errathen, wenn ich Dier sage; oh die Langweiligen Badgäste. Meiner Ansicht nach hat es bereits nur Zweierlei chanre von Menschen in Bädern, (will sagen hier). Die erste ist Kapital u. die zweite: Dummheit, denn ich muß glauben daß der verständige Mittelmann zu Haus bleibt. Ach wie blicke ich so gerne mit einem Schalckhaf­ten Auge auf die mit Kapital ausgestopften Köpfe, u. wie wohl thut es mier, sie mit Verachtung zu strafen, dencke Dier vor lauter Kapital wissen Sie häufig kein gescheites wort zu spre­chen, nun kommen wier also an die Dummheit. Das sind Leute die sich durch eigne Entbehrung od. durch Schinder­hansen streiche, ein schönes Stück Geld erworben haben, Du kannst dencken, diese halten das Maul auf das Sorgfäl­tigste, damit Ihnen ja nicht ein Stück von Ihren Kenntnißen, vom Kapital od. vom armen Teufel, lächerlich werde. Gerade so verhält es sich an unserer Gemeinschaftlichen Tafel, u. es macht mier eine hertzliche Freude, alle diese Leute zu sehen, ohne daß nur einer im mindesten etwas zu sagen weis od. mag. Gestern abends hatte ich das vergnügen gegenüber einem Freulein vom Kapital zu sitzen. Hätte mir das Essen nicht geschmeckt, ich hätte dadurch wahrhaft nichts verloh­ren. Erlaube mier daß ich Dier geschwind Ihr portrait mahle. 25 bis 30 Jahr alt sehr mager, mitler große. Einen schönen Mund, herrliche Zähne, ich glaube Ihre Augen wahren braun, denn ich konnte Sie wahrhaft nicht recht sehen, so lagen sie so tief im Gesichte, u. dazu wirckte noch daß Ihre nase wie ein Thurm zwischen 2 Laufgräben herfohr strotzte, u. aber ach, wann Sie dann anfing mit Ihrem Munde zu arbeiten (bei­ßen) hätte man geglaubt der untere Theil des Kopfes würde sich vom obern Theilen. Ihre Jupe od. Rock wahr braun, u. grace der Schneiderin gewahrte man den platz wo die Brüste sein selten. Über dieselben hieng eine goldene Kette u. häufig blickte sie verstohlen ob dieselbe zwischen Ihrer Taille u. Brü­sten noch hol lige. Ihre zahrten u. kurzen Finger ließen mich vermuthen daß es eine gebirgsbewohnerin Sei, u. nach Ihrem Lächeln u. übrigen Maniren habe ich Sie zum Kapital Classirt. Doch Teufel ich habe kein papier mehr u. der platz geht mier zu Ende. Entschuldige ich befinde mich zimmlich besser, habe guten Humor u. viel Durst, habe auch bereits Deinen Nahmen gehört,doch ich habe keinpapir mehr. Gestern Schrib ich auch an meine Corespondentin denn bei meiner zurück­kunft muß ich auch bei Ihr wieder im Ansehen stehen. Das nächste Mahl werde ich mit Dier selber sprechen. Grüß mier meine Schwester. Alls ist Hälderibäp. Dein Freund

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