VON JOHANN JOSEF FELDER AUS BORDEAUX

lfndenr: 
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2. Oktober 1860

Liebes Vetterchen!

Dein letztes Schreiben habe ich bei meiner ankunft in hier richtig gefunden, u. ich beille mich dasselbe zu beantworten. Wie Du wohl wissen wirst, ich bin hier den 13. v. M. ange­kommen u. nach einigen Tagen hernach hat das arbeiten sei­nen anfang genommen, denn die rante ist auf O gesunken, u. da muß dann der Körper andere maßregeln ergreiffen. Wie es mir scheint so ist mir der Mittägliche Himmel nicht hold, denn die letzten verflossenen 8 tage wahr ich etwas unpäßlich u. habe nicht gearbeitet; daß solche kleine Übel bei einer Lage wie ich sie kenne von keinem Vortheil sind, kannst Du leicht begreiffen. Doch heute bin ich so stark wie nie, u. befinde mich perfete. Jetz aber will ich Dier ein wenig etwas erzählen von Bordeaux. Bordeaux ist eine Stadt von 160.000 Einwohner, hatt sehr schöne Plätze, u. das schönste Teather von ganz Franckreich, hier siht man Weisse, Schwarze u. Braune Gesichter, von allen Natzionen. Der fluß der 10 Stund von hier ins Mer fält, heißt Gironde u. ist sehr groß. Es hat auf dem Cai im [Hafen] hier immer 1000 bis 2000 Schiffe von allen Größen u. Ländern. Ich habe Ein Dampfschiff gesehen von 8000 P[f]ertekraft. Übrigens weis ich noch nicht fiel zu erzählen, denn ich habe noch auf keine Art bekanntschaft gemacht, warum se por mich.

Die Arbeit ist hier schlecht bezahlt, u. ich werde bald mich anderwo hin begeben, vorher aber werde ich mir etwas zusammen suchen. Es kann der Fall sein, daß ich in 14 [Tagen] Bordeaux verlasse u. mich in der Umgebung Plat­ziere.

Grüße mir meinen Vater u. Schwester u. alle meine Verwan­ten. Wenn Du mir schreibst adresse den Brief wie das letzte mahl

M. Felder Joseph horloger

Post restante ä Bordeaux

France

Es grüßt Dich u. Deine Mutter Tausentmahl

Joh. Joseph

Journal Polli[ti]ck

Eine Depesche von heute meldet daß die Päpstlichen Truppen mit Ihrem General Lamoriciere in Ancona kapituliert haben u. als Krigsgefangene nach Piemont geschickt werden. Bethet also nicht mehr für den Erfolg der Päbstlichen Truppen, denn es ist zu spät. Übrigens hatt die Pollitick eine spizige Nase u. ich möchte mir den Kopf an derselben nicht verstossen. Garibaldi u. Vicktor Emanuel scheinen mir wie Hund u. Kat­zen, die mit einander dasselbe Haus bewohnen, verstanden.

Keine