VON JOHANN JOSEF FELDER AUS SCHOPPERNAU AN FRANZ MICHAEL FELDER IN LEIPZIG

lfndenr: 
561
16. Juli 1868

Werthester Vetter Michel!

Endlich nun sitzeich beim Papir mit der Feder bewafnet, um mit Dir lieber Michel zu plaudern, schon längst hätte ich gerne mit Dir geplaudert, aber! aber! Du kennst ja auch meine Trägheit welche nirgends einen so hohen Grad erreicht als gerade in Briefschreiben. Seit Deiner Abreise nun hat sich bei uns allerlei zugetragen, Menschen ja Verwante sind aus dem großen All entstanden u. verschwunden, was Du aber schon wissen wirst. Auch wirst Du wissen, daß in Au einer jener Grundpfeiler erbaut wurde, worauf Bildung u. Freiheit u. Recht ruhen sollen. Doch man hat dem Ding hier einen ändern Namen gegeben u. es klingt dem von Freiheit u. Recht schon beinahe abgestorbenen Landmann ja vil besser wenn es Katholisch Constitutionelles Kasino genannt wird, denn dadurch ergreift er den Balcken nach welchem der Schiffbrüchige ringt, ohne ihn nur gesehen zu haben. Übrigens glaube ich hat Dir K. Oberhauser davon geschriben. Am 8ten d.M. Endlich spilte sich jenes blutige Drama vom 12 Jänner in Feldkirch ab. Herrliche Begriffe erhilt ich dabei von unser alhöchstseligen Justizpflege, ein verbissener Ultramontaner vertheitigte den Knecht auf eine so Erbärmliche Art, wie ich noch nie in Erfahrung brachte, seine Hauptaufgabe schien es, wahr nichts anders als Dich u. Mich im Schwärzesten Lichte zu zeichnen. Er erhob seine hole stimme u. Schrie Die ganze Geschichte scheint durch die Inflüence des F. M. Felder hintertriben worden zu sein. Die gesetzlichen Schrancken wurden übertretten u. das Bezirksgericht] als incompetent erklärt. Der Statsanwalt wiederlegte jedoch diese Kühne auffaßung sehr glänzend. Als Milderungsgründe hob (dieses Kasino Mindle) hervor wie ein jugentliches Katholisches Gemüth wahrhaftig aufbraussen müße, wenn es höre die Gesalbten des Herrn die Bischöfe Lügen zu Strafen.

Das Drama endete mit Wüstner der Knecht wird zu 6 Wochen Arrest zu den Gerichtskosten u. den Schadenersatz Kosten veruhr­theilt. Amen. Ich meldete Berufung an gegen das Uhrtheil u. Dr. Jussel verfaßt mir den Berufungs Protest welcher heute 12 Uhr dem Kreisgericht vorgelegt sein wird. Ich besuchte auch H. Stockmaier Pfarrer u. fand in Ihm einen sehr fröhlichen u. wackern Geistlichen, auch erhielt ich von Ihm den Auftrag Dir eine Philippika in Seinem Nahmen theilhaftig werden zu lassen, denn er hat durch Dr. Amman in Erfahrung gebracht daß Du letz[t]en Winter in Feldkirch warst, ohne bei Ihm Einzukehren, was in sehr beleidigte. Er bittet Dich das nächste mahl an seinem Hause nicht vorüberzugehen wie ein Dagdieb. Auch einen schönen Gruß von Kaspar Moosbrug. in Bludenz. Das währe nun die Hauptsache. Übrigens haben wir fortwärend Regen u. Hirtenbriefe, immer Theures Fleisch u. Brot u. kein Geld in der Staatskassa bereits so vill in der Taschen. Ob ich nach Wien gehe od. nicht kann ich noch nicht bestimmt sagen. Ich glaube zu Hause gibt es dann auch Feste, wenn doch nicht geschossen wird. Auch lebe ich in einer Erbarmungsvollen Zei­tungslosen Zeit. Der Staatsbürger auf den ich abonirte hat das Zeitliche gesegnet. Heute jedoch gehe ich noch nach Au u. werde einige Bancknoten auf den Altar legen, wofon die ohnehin schon Mageren Corespondenten leben.

Dein Wible hat gestern abends einen Brif von Dir erhalten u. freut sich sehr, das Du Dich wohl befindest. Es läßt Dich schön grüssen. Nach Lindau wird es wahrscheinlich nicht kommen, denn das Heuen geht Erbärmlich schlecht, u. sollte es so fortdauern so wird es noch Monathe lang nicht fertig.

In Erwartung bald mit Dir persönlich zu plaudern grüßt Dich u. Hr. Hildebrand villmahl

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