VON JOHANN THOMAS STETTNER AUS LINDAU
Werthester Herr Felder!
Ihr Manuscript habe ich mit größtem Intresse aufmerksam durchgelesen und erstatte Ihnen somit, in Beantwortung Ihres Werthen vom 17. August, Bericht.
Was Anlage u. Schilderung Ihres „Lebensbildes" betrifft, so haben dieselben einen guten Eindruck auf mich gemacht und haben Sie den Zweck einer Dorfgeschichte vollkommen erreicht. Jedoch mache ich Sie auf folgendes aufmerksam. Die Erzählung müßte nothwendig in hochdeutscher Sprache durchgeführt werden, die Gespräche und Stellen, wo Sie andere reden lassen, wären dagegen in Wälderdialect consequent auszuarbeiten. Bringen Sie in der fortlaufenden Erzählung Redensarten u. Worte vor, welche den Bregenzerwald characterisiren und zu seinen Eigentümlichkeiten zählen, so müssen dieselben natürlich im Wälderdialect angeführt, wohl aber apostrophirt werden. Lesen Sie gefl. im „Auerbach" nach und Sie werden sehen, daß dessen Dorfgeschichten in derselben Art u. Weise geschrieben sind. Ferner wäre noch zu wünschen, daß die Orthographie des Wälderdialects präziser angegeben würde. Am Besten wäre es freilich, wenn die Worte ebenso geschrieben würden, als man sie spricht. So z.B. das Wort „Motol, Motla"; wäre da nicht richtiger „Moadia"? Vielleicht haben sie einen Bekannten, der die Wäldersprache genauer studirt hat, mit dem Sie sich in's Benehmen setzen können, oder es existirt wohl ein Wörterbuch, nach dem Sie das Sprachliche consequent berichtigen könnten.
Den meisten schwer zu verstehenden Wörtern der Wäldersprache haben Sie auf gleicher Seite erklärende Bemerkungen beigefügt. Ich möchte Ihnen aber vorschlagen, statt dessen ein kleines Wörterbuch anzufertigen, was Ihrem Werke als Anhang diente. Da Sie doch die Bemerkungen bei wiederkehrenden Worten nicht wiederholen können, so würde die von mir angegebene Weise zur Bequemlichkeit der Leser wohl angebracht sein.
Bindewörter wie „herentgegen" dürften durch „dagegen" ersetzt werden und Wiederholungen bei Satzeingängen zu vermeiden sein.
Das sind die Hauptsachen, wo eine Verbesserung wünschenswerth ist. Haben Sie die Güte und gehen Sie Ihr Werk nochmals recht genau durch und berücksichtigen Sie dabei die wenigen Bemerkungen, welche ich Ihnen machte. Nun erkläre ich Ihnen auch, daß ich gern bereit bin, Ihr Werk zu verlegen und wollte ich Sie gebeten haben, mir Ihre Ansprüche auf Freiexemplare oder wenn Sie sonst Wünsche haben, mittheilen zu wollen. Ich dagegen würde Ihnen die Versicherung geben, daß das Buch elegant gedruckt und ausgestattet wird. Das Format würde wie das von Herzog's „Idealist" und „Maria" sein und die Zahl der Druckbogen sich auf ohngefähr 15 belaufen. Der Druck kommt mir bei Ihrem Werke viel höher, als bei ändern, weil das Setzen eines Sprachdialects vielmehr Zeit in Anspruch nimmt als bei einer reinen Sprache.
Ich erlaube mir nun noch die Anfrage, auf welchem Wege ich Ihnen das Manuscript senden darf, der Druck wird dann sogleich beginnen, wenn ich es von Ihnen zurückerhalte. Es empfiehlt sich Ihnen freundschaftlichst mit vollster Hochachtung Ihr ergebenster
Joh. Thom. Stettner.