VON RUDOLF HILDEBRAND

lfndenr: 
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3. Juli 1867

Liebster Freund Felder,

Ich komme nun sicher und wollte das Ihnen nur heute früh vor der Arbeit noch rasch melden. Und zwar werde ich mich bemühen so lange als möglich dort zu bleiben, es dürften wol 3 Wochen daraus werden. Auf Ihren Brief hab ich mich entschlossen, meine ganze Ferienzeit an Sie und Ihre Inter­essen zu wenden, d. h. so bald als möglich mit Ihnen zusam­menzukommen und so lange als möglich mit Ihnen zusam­menzubleiben, und freue mich jetzt unaussprechlich drauf. Nun komme ich dann aber auch noch eher als ich angegeben hatte. Meine Ferien beginnen am Freitag über acht Tage, und schon am Sonnabend denk ich zu reisen, auf dem näch­sten Wege, sodaß ich schon am Montag d. 15. Juli bei Ihnen sein könnte, falls ich nicht in Augsburg mich länger verweile als ich mirs jetzt denke. Ich will dort zwei Besuche machen und es wäre denkbar, daß man mich den Sonntag fest hielte. Von da will ich aber den nächsten Weg einschlagen, über Oberstorf, wo ich Mayers flüchtig besuchen will und von da zu Fuß über den Gamschelpaß und den Schrecken oder über die Starzel, rathen Sie mir was besser ist. Ursprünglich wollt ich freilich über Lindau und meinen Arzt in Reutte und Ihren Freund Feuerstein mit besuchen; aber dazu findet sich viel­leicht sonst Gelegenheit. Ich möchte auch Feldkirch und Ihren Hrn. Schwager kennen lernen.

Aber komme ich Ihnen nicht zu früh für Ihre Arbeit? Be­nachrichtigen Sie mich darüber offen und bestimmt, dann könnt ich ebensogut noch eine halbe Woche warten. Ich er­warte noch einen Brief von Ihnen, und werde mich nach dem richten. Übrigens brauchen Sie sich durch mein Dasein nicht zu sehr gebunden zu denken, mir wirds an Beschäftigung nicht fehlen. Unsere Abreise müßte etwa am 5. August geschehen, da ich mit Ihnen zunächst wieder über Oberstorf gehen und Ihnen dann auch Augsburg, Nürnberg, vielleicht München wenigstens flüchtig zeigen möchte, sodaß über unserer Reise 5 und mehr Tage vergehen könnten; am 10. Aug. spätestens möchte ich, am 11. müßte ich wieder in Leipzig sein. Schrei­ben werde ich Ihnen wol nicht wieder, da ich noch viel zu thun habe, um mir für 4 Wochen Luft zu schaffen mit Wör­terbuchsarbeit. Meinen Koffer wollt ich mit Post vorausschik­ken bis Bezau.

Ich könnte Ihnen erzählen von der ersten eingehenden Be­sprechung der Sonderlinge in der Europa; doch ich muß arbei­ten und Sie bekommen doch wol die Nr. zugeschickt. Es sind zwar ein paar gewaltige - Dummheiten drin, aber doch wird Sies im Ganzen wol heben und befriedigen; die Anerken­nung die drin steht, ist vor der Hand das Äußerste was man von einem alten Literaten einem Bauer gegenüber verlangen kann.

Die leider nur 3 Abzüge Ihrer Geburtstage haben Sie hoffent­lich erhalten (einen hab ich für mich zurückbehalten). Man­ches wird Sie ärgern, wie michs ärgerte, aber im Ganzen kön­nen wir mit der Wirkung, die es so macht, wol auch zufrieden und froh sein.

Frischen Muth, Freund, es geht aufwärts - vor der Hand freu ich mich unsäglich auf unser Wiedersehen und unser längeres Zusammensein, das sich menschlicher Berechnung nach doch wol auf 6-7 Wochen erstrecken wird. Bis dahin mit Freundes­handschlag

Ihr

R. Hlldebrand

Keine