VON TIBURTIUS FRITZ AUS UNGARISCH-ALTENBURG

lfndenr: 
620
1. November 1868

Herrn Fr. Michael Felder in Schoppernau!

Zuerst durch die Gartenlaube, dann durch Ihren trefflichen Roman ist mir Ihr werther Name bekannt geworden. Ich befliß mich daher, Sie persönlich kennen zu lernen, als ich vor mehr als einem Jahre zweimal durch Schoppernau reiste; allein meine Hoffnung zerrann wie Wasser; einmal hieß es, Sie wären in Leipzig, das andere Mal ­in Bludenz. So bin ich nun so frei mich Ihnen kurzweg brieflich vorzustellen, als der jüngste Sohn des Gedeon Fritz v. Mittel­berg.

Der Zweck warum ich Sie mit diesen Zeilen in Anspruch nehme, ist folgender. Ich habe mich während meiner juridischen Studien sowohl, als auch bes. jetzt da ich hier Landwirtschaft studiere, mit Nationalöconomie und bes. mit Genossenschaftswesen beschäf­tigt, und mir scheint daß sich Letzteres auf landwirtschaftlichem Gebiete, zum materiellen und folglich auch zum geistigen Interesse des Bauernstandes, in vielen Richtungen und Formen, zur Errei­chung der verschiedensten nützlichen Zwecke, mit Erfolg durch führen ließe. Ich hörte dann zu meiner nicht geringen Freude, daß Sie der Erste in Vorarlberg diesen Gedanken durch das Zusammen­bringen einer Käseverkaufs=Genossenschaft glücklich ins Werk setzten. Ich wünschte nun zu erfahren, wie dieselbe gedeiht, und ob sie im Zunehmen begriffen ist, was mich in meinen Ansichten bestärken würde. Falls Sie vervielfältigte Statuten derselben haben, würden Sie mich mit einem Exemplare sehr verbinden. Ferner möchte ich Sie bitten, mir Ihre Gedanken über landwthschft Genossenschaften u. deren Durchführbarkeit, soweit es Ihnen beliebt, mitzutheilen. Sollten Sie Werke betreffenden Inhaltes kennen, möchte ich um deren Titel, und wenn Sie Männer kennen die sich mit dieser Frage des Näheren beschäftigen, um deren Namen bitten. -

Womit ich Sie hiemit belästige, ist nichts Geringes; ich hoffe jedoch von Ihrer Freundlichkeit die Erfüllung meiner Bitte.

Achtungsvoll

Dr. Tiburtius Fritz

Academiker in Ung. Alt. -

Keine