FRANZ MICHAEL FELDER AN KASPAR MOOSBRUGGER

lfndenr: 
278
17. Januar 1867

Lieber Freund!

Das Dökterle hat die Verletzung des Uhrenmachers unter­sucht und findet gerichtliche Anzeige geboten. Das geht dem Rößlewirt umso näher, weil eben die Wahlen dahier für ungültig erklärt worden sind. Das Männchen will durchaus Vorsteher werden, und was zum Pfarrer hält, unterstützt diesen Wunsch auf jede Art. Unsere Parteien sind sich jetzt an Zahl so ziemlich gleich, und ich wage nicht zu sagen, wie es gehen werde. Am Vereinsfeste ließ sich zum Glück kein Gegner sehen, und so lief es denn trotz einer dem Fremden sicher unbegreiflichen Aufgeregtheit ganz ruhig ab. Unerhört ist bei uns, daß der Pfarrer gar nicht eingeladen wurde. Es hieß, den brauche man nicht. Der Unglücksmann flüchtete sich nach Au, aber auch dort traf er es nicht gut. Es war eben von den ehemaligen Zünftlern eine von mir entworfene Ver­einsordnung allgemein angenommen. Am vorigen Sonntag wurde in Au von einem Kapuziner folgendes gepredigt: „Ein Mitglied des Reichsrats hatte geheiratet, da sagte ein anderer Herr dieser Art, er möchte die Braut noch zu seinem Weibe haben - und solche Männer machen die Gesetze!" Wie unschuldig - und dann ging der Gottesmann nach Schoppernau und log über Feurstein in Bezau, daß er bei der Vorsteherwahl durchgefallen sei „dieser Seyffertitz". Deine Meinung über meinen letzten Artikel teile ich und hab ihn daher etwas verändert abgeschickt mit weniger trockenen Tatsachen und in milderer Form. Was ist denn der Hofer­Verein? Ich habe nichts davon als eine letzten Sonntag zufällig aufgelesene Notiz im Boten. Ich faßte die Sache mehr als einen Gruß auf und habe noch gar keinen Schritt getan, werde auch keinen tun, bis ich mehr weiß. Man wird es mir doch melden. Bergmann wünscht Mitteilungen aus meinem Leben für seine Landeskunde. - Dein letzter Brief war sehr geheimnisvoll, was ist's mit den Hindernissen in Feldkirch. Von einer Aufforderung des Sozialdemokrat hab ich in den mir zugekommenen Nummern nichts gelesen. Ich halte das Blatt nicht allein, und es kommt mir sehr unregelmäßig zu. Die Neue Freie Presse lese ich sehr fleißig. Letzthin erhielt ich eine Zeitung aus Minnesota, die aus dem Grenzboten meine Verfolgungsgeschichte bringt.

Dein Bruder ist etwas besser, zum Dökterle aber will er nicht, das haben sie ihm nun einmal in den Kopf gesetzt. Sollte es aber noch nicht gehen, wie er glaubt, oder sollte er sich gar nur verstellen, so werde ich die nötigen Schritte tun. Was sagst Du zur Novelle in der Gartenlaube? Reich und Arm würde eine hübsche Arbeit, wenn mir nur nicht so oft die rechte Stimmung fehlte. Übrigens bin ich gesünder als je. Nun wird's dunkel. Lebe wohl,

mit Gruß und Handschlag Dein Freund

Felder

Kannst Du das Beiliegende lesen? Ich brachte viel nicht heraus im einen Brief.

 

Keine