AN JOSEF VON BERGMANN IN WIEN

lfndenr: 
684
13. März 1869

Verehrtester Herr Bergmann!

Ich danke Ihnen herzlich für Ihre 2 Briefe, die mir schon als Beweis Ihrer herzlichen Theilnahme wichtig und werth wären. Dieselben eröffnen mir aber auch die Aussicht, daß mir doch einmal etwas herausgeholfen werde aus der Tiefe, in die ich mich augenblicklich gedrückt fühle. Schon diese Hoffnung ist mir Wohlthat, ohne sie sähe ich mich im Dunkeln und müßten bald auch meine Arbeiten von dem angekränkelt werden, was jetzt an meinem Herzen nagt. Es ist gut, wenn mir hülfreiche Hände sich entgegenstrecken. Aber nach dem Inhalt Ihrer werthen Briefe darf ich ganz bestimmt hoffen, daß mir denn doch endlich einige Erleichterung werde, die ich so dringend bedarf. Ich weiß nämlich ziemlich bestimmt, daß auch erzählende Schriftsteller sich der Unterstützung des Vereins zu erfreuen haben.

Im verflossenen Halbjahr seit dem Tode meiner lieben Frau wars mir bange, vorwärts zu blicken in die Zukunft. Lieber wollte ich in der Beschäftigung mit der Vergangenheit meine Kräfte wieder zu gewinnen suchen. Ich machte mich daher an die Ausarbeitung meiner Selbstbiografie die mir ein wahrer Trost ward, indem ich da recht deutlich sah, wie mir oft auch die ausgesuchtesten Hinder­nisse wieder Wohlthat geworden sind. Sie dürfen aber nicht glauben daß etwa diese Arbeit nur meiner Selbstbespiegelungs­sucht diene; vielmehr war ich bemüht in meiner „Geschichte" ein treues Bild der Heimat zu geben, deren Zustände sich in meinem Leben spiegeln. Der erste Band wird dieser Tage fertig. Er schließt mit meiner Verehlichung ab.

Vorläufig denke ich diese Arbeit nicht weiter zu führen. Ich möchte lieber eine kleine Abhandlung „Über Spruch und Brauch" schrei­ben. Ich glaube, beide zusammen müßten ein treues Bild des geschilderten Stammes geben. Aus den Sitten und Redensarten meiner Heimat müßte sich das Gesellschaftsideal herausschälen lassen, den Bregenzerwälder wie man ihn als Sohn, Liebhaber und Gatten will. Ich möchte Ihre Meinung über diesen Plan mir gern erbitten.

Auch trage ich den Plan zu einer größeren Erzählung in mir herum. Wenn ich nur frei von den allerquälendsten Sorgen daran arbeiten könnte! Sie geben mir die Zuversicht, daß das doch noch einmal wird. Ich danke Ihnen herzlich für alles was Sie meinetwegen thun und verbleibe herzlich grüßend

Hochachtungsvoll

Ihr

Franz M. Felder

Keine