KASPAR MOOSBRUGGER AN FRANZ MICHAEL FELDER

lfndenr: 
146
4. Mai 1865

Lieber Freund!

Nach Deinem letzten Schreiben hatte ich allen Grund, Dich hier zu erwarten. Wo fehlt's? Weil niemand kommt und niemand mir Nachrichten von Euch bringt, muß ich zur lang­weiligen Feder greifen, statt des lebendigen Worts mich er­freuen zu können. - Vor allem gratuliere ich zur glücklichen Installierung des Mikle und hoffe mit Euch, daß es seinem Namen Ehre machen wird. Meinem Wible ist bei dem guten Aprilwetter eine auffällige Lust gewachsen, auf und davon und in die Au zu gehen. Es wäre schön drinnen, wenn nicht meine satirischen Ausfälle auf die Erweiterung seines Körper­umfanges und die Gelüste der dicken Weiber zu einer Gegen­medizin geworden wären. Jetzt ist es wieder gern hier, und wir erwarten in nicht zu langer Zeit auch ein Mikle. Die neue Wohnung gefällt uns sehr gut und Dir wird insbesonders das Gastzimmer gut gefallen, komme und sehe! Auf den Sozialdemokrat bin ich begierig und wünsche nach demselben. Ich studiere jetzt immer am Lassalle, d. h. an seiner Rechtslehre, und staune immer mehr über diese immense Geisteskraft. Ich finde unter den Lebenden keinen, der neben ihn gestellt werden könnte. Das Studium geht leider langsam, weil das Amt viel Zeit fordert und das Widerliche desselben noch viel Zeit außerdem unbrauchbar macht. Mein Objektivismus kommt oft zum Wackeln, doch Lassalle und andere bringen wieder Trost. Ich habe im März einen Aufsatz über Münzen in die Landeszeitung gegeben, dem man das Büro anmerken wird. Ich ärgerte mich selbst, als ich denselben wieder las, daß ich den Kanzleigestank nicht ferne halten konnte. Übrigens war mir die Sache mehr eine unterhaltende Exkursion als ein zweckerstrebendes Elaborat, und die darin ausgesprochene Hoffnung war eigent­lich nur das Embryo einer Hoffnung. Doch ist das Gesagte wahr, nur sollte man es besser und schöner sagen und auch besser drucken. - Wer sind denn die Streiter in der Reh­geschichte, wer schrieb gegen den „berühmten Kuhschüt­zen" und wer ist dieser namentlich? Dr. Meusburger in Bregenz kommt mit 1. k. Ms. nach Dornbirn in die Kanzlei des Dr. Lindner. Ist Waiser fort, Feurstein gekommen, Isabell verheiratet etc.? Wenn Du nicht kommen willst oder kannst, so schreib wenigstens. Ich hoffe und setze voraus, daß der junge Frühling Dich neu gekräftigt habe und wünsche Dir die Freuden desselben, doch sollst Du nicht vergessen, daß Du noch eine Antwort auf meinen letzten Brief, weil ver­sprochen, schuldig bist und ich erwarte nun umsomehr eine baldige, Dein Freund

K. Moosbrugger

Keine