KASPAR MOOSBRUGGER AN FRANZ MICHAEL FELDER

lfndenr: 
176
14. März 1866

Lieber Freund!

Anliegend sende ich Dir die 25 FI.Ö.W., die ich deshalb nicht früher von Stapel ließ, weil ich sie gerade nicht hatte. Die Isabella scheint gern bei uns zu sein und zeigt bis nun Fleiß und guten Willen genug. Wir hoffen, daß sie vollkommen entsprechen wird. Bei der Theres hat sie sich schon deshalb gut angeschrieben, weil ihr ihr gutmütig naives Wäldertum viel zu lachen gibt. - Es freut mich, daß Du die Idee unsers Milch-, resp. Käshandelsprojektes unter die Leute geworfen hast. Was mir der Bruder Pius über die Meinungen der Bauern sagte, berechtigt zu der Hoffnung, daß die Sache durch­führbar wäre. Die Bauern finden ganz richtig den schwierig­sten Punkt in der Personenfrage. Wer ist zum Verkauf der Ware, zur Buchführung und zum Inkasso zu entsenden? Bei der Schwierigkeit und Kostspieligkeit einer Kontrolle und nach dem Charakter der Wälder würde der ganze Geschäfts­gang von den betreffenden Personalien abhängig werden. Wie wenig aber der Wald, und namentlich der hintere, in letzter Zeit für Entwicklung charakterfester, tüchtiger Leute getan hat, weiß man. Die Bauern finden richtig, daß niemand da sei, den man nach Wien schicken könnte. In Wien und eigentlich überall wird ungemein viel Humbug getrieben, und es braucht Verstand und Witz, daß man die Ware gut an­bringt und an die rechten Leute. Daß z. B. auch das Rätzle viel verloren hat, weil es die Ware nicht immer an die rechten Leute brachte, ist bekannt und ebenso, daß der Engelwirt Greber deshalb in Konkurs gekommen ist. Unsere Handels­gesellschaft müßte als solche sich auch eine Firma geben und beim Handelsgericht auch einprotokollieren lassen, denn nur so würde sie der Vorteile des Handelsrechtes teilhaftig, die so wichtig sind, daß ich glaube, ohne dieselben könnte unser Geschäft gar nicht florieren. Callus Moosbrugger etc.comp. und das Rätzle sind auch protokollierte Handelsleute. Unsere Geschäftsführer müßten nun unbedingt die Handelsgebräuche und das Handelsgeschäft überhaupt kennen, sowie auch vom Handels- und Wechselrecht und von den Gesetzen überhaupt einige Kenntnis haben, sonst werden sie jeden Augenblick übern Löffel barbiert. Also nach meiner Ansicht müßte man vor allem über die Personenfrage nachdenken. Mit dem Rätzle wird kaum mehr etwas anzufangen sein, und mir wäre es eigentlich nie um das Rätzle, sondern nur um seine guten Kunden zu tun gewesen. -

Ich höre, Du habest Dich auf der Kanzel „Ketzer" schimpfen lassen, ohne gerichtlich aufzutreten. Alles in der Welt hat Grenzen, und der Mensch hat Verstand und Vernunft und dazu ein gewisses Maß von Kräften, um die von Gott und Natur gesetzten Grenzen zu erkennen, zu respektieren und andere respektieren zu machen. Was nützt es Dich und die Gesellschaft, wenn Du die fraglichen Grenzen achtest, aber müßig zusiehst, wenn Deine Umgebung sie frei verletzt! Jedenfalls sind dann die Grenzen verletzt und das Maß Deiner Schuld hieran (man hat die Kräfte nicht, um sie so zu haben, als hätte man sie nicht) bleibt ungemessen. Da ist der Schröcker Wirt ein anderer Mann, der den Kaplan abbitten und zahlen machte. ­Übrigens mit freundlichstem Gruß Dein Freund

K. Moosbrugger

 

Keine