KASPAR MOOSBRUGGER AN FRANZ MICHAEL FELDER

lfndenr: 
368
26. Juni 1867

Lieber Freund!

Aus Deiner dichterischen Exkursion erfuhr ich nichts von dem, was jetzt zu wissen not tut. Was ist in Deiner Untersuchungs­sache geschehen? Soll man die ganze Angelegenheit ver­duseln lassen! Willst Du anfangen mitzuduseln? Wenn bis jetzt noch nichts geschehen oder bloß wenig, dann ist es Zeit, daß man Lärm schlagt. Erstatte mir daher mit umgehender Post genauen, prosaischen Bericht, was bis jetzt geschehen ist, was Rüscher treibt und wie er sich fühlt und was sonst in dieser Sache seit meinem Weggang sich ergab. - Es ist ein großer Unterschied, ob Zeugen über eine Predigt, eine ge­hörte Rede u. dgl. in drei, in sechs, in zehn Wochen oder noch später verhört werden. Das Bezirksamt in Bezau will offenbar alles vertuschen oder zur Vertuschung beihelfen. Es ist für selbes natürlich keine Ehre, wenn etwas herauskommt. Du und ich, wir sollen blamiert werden, das ist des Pudels Kern und das Geheimnis der Kanzleipolitik. Dieser Politik will ich auf die Füße treten, daß es dem Träger gehörig zuckt. Wie Mayer in Wien durch die Presse wirken will, will auch ich hier dieselbe benützen und das Geschützfeuer eröffnen. Schicke mir daher auch die Zusammenstellung der Verfol­gungsakte, die Du schon hast, und die Erledigung des Staats­anwaltes, die ich Dir gab. Auch den Mayerschen Brief lege bei. Ich will auch wegen Eurer Post vor die Öffentlichkeit treten, d. h. das Bez.-Amt in Bezau scharf interpellieren. Teile mir daher bestimmte Auskunft auch über den Stand dieser Sache mit. Wann ist das Gesuch der Vorsteher beim Bez.-Amt eingebracht, wie lang blieb es liegen, sind mehrere Gesuche überreicht worden, von wem, wann, wie steht die Sache jetzt? Sind sichere Anhalte da, daß Gallus M. die Sache hinter­treiben will? Steht dieser mit dem Bez.-Vorsteher auf ganz gutem Fuß, sind sichere Anhalte, Beweise, da, daß Bez.-Vor­steher Geschenke u. dgl. annimmt? etc.... Wir können diese Sache mit der deinigen trefflich in Verbindung bringen und Schläge versetzen, daß es kracht. Das elende Gebaren der Ultramontanen werde ich auch an dem Benehmen des Feßler und Rüscher gegen mich beleuchten und überhaupt eine arge Suppe den Herrn kochen. Man kann geduldig sein und den Mistgestank sich sammeln lassen, aber wenn's die Nase nicht mehr erträgt, muß man säubern. Schicke mir daher genaue und beweisbare Information. -

Schicke mir auch die bisherigen Kritiken der Sonderlinge, den bewußten Grenzboten und was sonst von Interesse sein mag. Mayer macht jetzt soziale Studien und ich erwarte von ihm nicht wenig. - Wann sind die Unsern nach Krumbach, was erforschte Pius von der Heimat in Bizau? Auch hierüber bitte ich mir Nachricht, nur nüchterne, prosaische. Mit Gruß und Handschlag Dein Freund

K. Moosbrugger

Mayer wird Dir auch geschrieben haben, daß es mit der Interpellation nichts ist, es dürfte daher auch angezeigt sein, daß Du durch Deine Freunde in Leipzig an den Beust Dich wendest.

Eben teilt mir Bickel mit, daß die Sonderlinge ihm außer­ordentlich gut gefallen haben und daß man Dich auf alle mögliche Art unterstützen soll. Er bedauert, daß er nicht früher zum Lesen kam und Dir mündlich seine rückhaltlose Anerkennung aussprechen konnte. Er findet es auffallend, daß man über das Werk sich nicht eifriger hermache. Am meisten habe es ihn an ... Vikar von Wakefield von Gold­smith erinnert, der der beste Roman sei, den er gelesen habe...

Keine