KASPAR MOOSBRUGGER AN FRANZ MICHAEL FELDER

lfndenr: 
457
11. Januar 1868

Lieber Freund!

Ich will mit der Rücksendung der für die österreichische Gartenlaube bestimmten Arbeit nicht zögern, und Du erhältst sie hiemit wieder. Es ist eine schöne Arbeit, und ich finde nicht, daß etwas zu streichen wäre. Nach meiner Ansicht wäre auszustellen, daß kein einheitlicher Ton das Ganze durch­zieht. Der Eingang ist hübsch poetisch, dann aber folgt eine zu demselben nicht passende Prosa. Du scheinst unter letz­terer noch zu leiden, d. h. unter den dargestellten Vorgängen. Der erste Teil der Arbeit ist für eine belletristische Zeit­schrift recht, der andere wäre vielleicht für eine politische geeigneter. Also Herstellung der Harmonie und der künstleri­schen Plastik des Ganzen wäre nach meinem unmaßgeblichen Dafürhalten notwendig. -

Dr. Vonbun, der wieder vollkommen hergestellt ist, läßt Dich freundlich grüßen mit dem, daß er die Anspielungen in den Sonderlingen zur Kenntnis genommen habe, übrigens trinke er wohl Wein, rauche aber keine Zigarren. Er spricht mit hoher Achtung von Dir, hat schon vor vier Monaten eine Kritik der Sonderlinge an die Feldkircher Zeitung geschickt, und ich bin nun dran, die Gründe der Nichtveröffentlichung zu entfernen.

Hievon und über vieles Interessante zu Deiner Verfolgungs­geschichte, wegen welcher ich auch mit Berchtold in Hittisau in Briefwechsel trat, später, wenn ich mehr Zeit habe. An die Arbeiter in Wien  habe  ich ein  Dutzend  Exemplare unsres Rufes und ein  Dutzend der Klarstellung absenden  lassen, habe auch dem Mayer in dieser Sache geschrieben. Du bist zum Mitglied des Hofer-Vereins in Wien ernannt. Hast Du zugesagt oder wie Streiter in Bozen abgelehnt? Was sagst Du zu der Aufforderung des Sozialdemokrat an uns? Wie steht es mit dem Bruder Pius? Schreibe recht bald Deinem Freund! Gruß und Handschlag

K. Moosbrugger

Keine